Hochsensibilität führt häufig zu Einsamkeit und Isolation

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Hochsensibilität und Einsamkeit

von Monika Richrath

11. January 2022

Fast alle Menschen, die mit Hochsensibilität zu tun haben, kennen

das Gefühl einer grundsätzlichen, allumfassenden Einsamkeit.

Vielleicht hast du – so wie ich früher auch – gedacht, dass dieses Gefühl daher rührt, dass du, im Gegensatz zu den meisten Menschen in deiner Umgebung viel mehr wahrnehmen kannst als andere. Wenn du hochsensitiv bist, ist das einfach so. Und natürlich fühlt man sich auch komisch und anders, weil die meisten anderen weniger intensiv wahrnehmenden Menschen kaum eine Vorstellung davon haben, was und wie man alles wahrnehmen kann.

Als ich letztes Jahr begonnen habe, mich

mit Trauma, vor allem mit Entwicklungstrauma zu beschäftigen

(ausgelöst durch meinen Artikel Trauma in Liebesbeziehungen), bin ich noch auf weitere wichtige Ursachen gestoßen.

Auf diesem Blog schreibe ich ja für hochsensible Menschen, die belastende Kindheitserfahrungen gemacht, bzw. ein Entwicklungstrauma erlebt haben.

Wenn du dich dazu zählst, hast du vermutlich selbst schon

die Erfahrung einer tief verankerten Isolation gemacht.

Vielleicht hast du sogar das Gefühl, ein Alien auf dieser Welt zu sein? Möglicherweise hast du auch festgestellt, dass Bindung jeder Art problematisch für dich ist?

Dies kann sich auf vielfältige Weise auswirken:

Vielleicht fällt es dir grundsätzlich schwer, Bindungen einzugehen (z. B. indem du dich grundsätzlich in Menschen verliebst, die entweder gar nicht verfügbar sind oder anderweitig gebunden und dir nur ein sehr begrenztes Maß an Aufmerksamkeit und Verbindlichkeit zukommen lassen können und wollen)?

Vielleicht empfindest du Nähe und Intimität grundsätzlich bedrohlich

und ziehst dich sofort zurück, wenn du jemandem zu nahe kommst ? Oder es kann sehr gut geschehen, dass du immer wieder an Menschen gerätst, die sich ganz schnell wieder zurückziehen. (Dies ist ein zweiseitiger Prozess).

Oder vielleicht fällt es dir leicht in Beziehung zu gehen, wirfst aber bei der ersten Schwierigkeit das Handtuch.

Oder du begnügst dich mit sporadischen sexuellen Kontakten.

Es kann natürlich auch sein, dass das Eingehen von Beziehung überhaupt so angstbehaftet ist, dass du lieber alleine bleibst …

Wenn du mit solchen und ähnlichen Beziehungsschwierigkeiten zu tun hast, ist es wichtig, zu wissen, dass diese Schwierigkeiten aus dem

vermeidenden Bindungsverhalten unserer Eltern oder Bezugspersonen entstanden

sind.

Dies bedeutet: unsere Eltern waren (vielleicht!) da, haben uns aber nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt oder diese vielleicht an bestimmte Bedingungen oder Aufgaben geknüpft.

Wir wurden uns

häufig selbst überlassen,

man hat sich nicht um uns gekümmert, nicht mit uns gespielt, sich nicht mit uns beschäftigt. Ich selbst hatte z. B. sehr, sehr lange Zeit gar keine Ahnung, ob meine Mutter mich eigentlich liebt? Ich habe mich das oft gefragt, aber natürlich stand es überhaupt nicht zur Debatte, sie danach zu fragen. Vielfach waren unsere Eltern froh, wenn sie sich gar nicht mit uns beschäftigen mussten und keine besondere Aufmerksamkeit brauchten. Noch besser, wenn wir schon früh Verantwortung übernommen haben, man sich auf uns verlassen konnte …

Entweder haben wir zuviel oder zu wenig Körperkontakt und Berührung erfahren (zu wenig Berührung und Kontakt wirkt sich auf die Entwicklung bestimmter Teile des Gehirns aus).  Auch die Tatsache, dass wir Schwierigkeiten haben uns zu beruhigen und

sehr anfällig sehr Stress sind,

rührt u. a. daher, dass wir von unseren Eltern und Bezugspersonen nicht genug getröstet und beachtet wurden, so dass wir einfach nicht lernen konnten, wie Selbstregulation geht.

Manchmal kommt dazu noch eine Ablehnung durch die Eltern. Das muss nicht einmal böswillig sein, es gibt viele Gründe, selbst so etwas wie simple Übrforderung der Mutter (wie es bei mir der Fall war) kann dafür sorgen, dass man sich nicht angenommen und willkommen fühlt.

Als Kind nimmt man all diese Dinge wahr. Aber weil das Kind schon früh erkennt, dass die Eltern sich nicht wirklich binden wollen, passt sich das Kind an diesen

vermeidenden Bindungsstil

an. Seine eigenes Überleben hängt davon ab. Ein Kind in einer solchen Lage wird dann eben auch so tun, als ob es keine Bindung bräuchte. Allerdings ist das So-tun-als-ob für das Kind unglaublich anstrengend. Es gibt Untersuchungen darüber, die zeigen, dass Kinder in solchen Situationen ungebunden wirken und nicht darunter zu leiden scheinen, die gemessenen Stressreaktionen aber eine ganz andere deutliche Sprache sprechen. Hereist ein Video, wo das ganz gut erklärt wird.

Im Laufe der Zeit wird dieses Verhalten verinnerlicht. Wir werden dann relativ „autonom“, regeln unsere Angelegenheiten am liebsten selbst und scheinen niemanden zu brauchen. Alleinsein scheint ein natürlicher Zustand zu sein. Vielleicht

richten wir unsere Liebesbedürfnisse auf Tiere,

Pflanzen und/oder Gegenstände. Dass manche Menschen ihr Auto, ihr Handy oder ihren Computer mehr lieben als alles andere kommt offenbar recht häufig vor …

Eine Folge der vermeidenen Bindung ist es, dass wir vielleicht später Schwierigkeiten haben,

eigene Bedürfnisse überhaupt wahrzunehmen,

geschweige denn sie zu äußern und noch weniger für ihre Erfüllung zu sorgen. (Dazu müsste man schon mal wissen, was diese Bedürfnisse sind). Hochsensiblen Menschen fällt das häufig schwer, weil sie es so gründlich verlernt haben, sich überhaupt mit ihren Bedürfnissen und ihrer Erfüllung zu beschäftigen.

Ich denke, dass dies ebenfalls ganz eng gekoppelt ist an Selbstliebe und Selbstachtung. Denn wenn Erwachsene

sich nicht mit unserer Erlebnis- und Gefühlswelt als Kind beschäftigen,

fehlt uns einfach der Zuspruch, wir können weder Vertrauen in uns selbst entwickeln, noch in die anderen oder die Welt an sich.  Wenn es uns nie gelingen kann, die Aufmerksamkeit der Erwachsenen zu fesseln, bleibt auch unsere Vorstellung von Selbstwirksamkeit unterentwickelt. Denn dann müsste es uns ja gelingen, dafür zu sorgen, dass man sich uns zuwendet … Ein Gefühl von Selbstwirksamkeit müssen wir dann erst wieder entwickeln. (KLOPFEN ist übrigens ein sehr wunderbarer Weg um eine Vorstellung von Selbstwirksamkeit zu bekommen.)

Wenn wir grundsätzlich das Gefühl haben,

von anderen Menschen kommt nichts Gutes,

ist das keine gute Voraussetzung zum Aufbau förderlicher und guter Beziehungen. Uns fehlt dann häufig das Grundverständnis der Funktionsweise von Beziehungen. Jede kleinste Misstimmung wird dann zur Katastrophe und kann die ganze Beziehung in Frage stellen. und sehr häufig hat man einfach in Beziehungen keinen Boden unter den Füßen.

Damit verbundden ist natürlich der

alles überstrahlende Aspekt Sicherheit.

Wenn wir uns als Kinder mit und bei unseren Eltern nicht sicher gefühlt haben, nicht wirklich geborgen, fehlt uns das grundsätzliche Vertrauen in andere Menschen. Nicht sicher bedeutet nicht unbedingt so schwerwiegende Dinge wie Gewalt und Misshandlung, sondern beinhaltet auch so etwas wie, dass sich niemand jemals hinter uns gestellt hat, uns recht gegeben, uns verteidigt hat. Statt dessen wurden wir vielleicht verspottet, herabgesetzt, beschämt, nicht ernst genommen, oder überhaupt nicht beachtet.

Ich persönlich empfinde Nichtbeachtung als das Schlimmste überhaupt.

Es berührt sehr existentielle Aspekte, die mit Vernichtung zu tun haben. Denn wenn ich nicht beachtet werde, bin ich nicht. Und wenn ich nicht weiß, ob ich da bin oder nicht, verliere ich den Boden unter den Füßen, den sicheren Stand im Leben. Es gab einmal eine Zeit in meinem Leben, da habe ich das sehr intensiv empfunden.

In einer solchen Umgebung aufzuwachsen bedeutet, dass sich das Verhalten der anderen (und unsere Reaktion drauf) quasi in uns selbst einschreibt. Das macht es auch so schwierig, etwas zu verändern.

Darum suchen wir im späteren Leben Partner, die eine ähnliche Ausstrahlung haben

und/oder ein ähnliches Verhalten an den Tag legen wie unsere ersten Bezugspersonen.

Selbst, wenn wir uns entscheiden, lieber ohne Partner*in zu leben, weil die Erfahrung, dass von anderen Menschen nichts Gutes kommt, uns so tief geprägt hat, entkommen wir der Prägung nicht. Wir können ihr dann in anderen Menschen begegnen, z. B. in Gestalt von Vorgesetzten, Klienten, Kund*innen usw.

Jedes Mal, wenn wir uns einlassen, ist dies

sowohl eine Chance zur Heilung vergangener Verletzungen,

als auch eine Chance zur Retraumatisierung und Verfestigung bereits bestehender Muster … Kommunikation kann dabei enorm helfen. Vor allem, wenn beide Partner*innen beeinträchtigte Bindungsmuster haben.

Konntest du dich hier wiederfinden? Wie immer freue ich mich über deine Kommentare. Ich freue mich übrigens auch, wenn du meinen Artikel teilst, damit auch andere etwas davon haben.

From my heart,

 

 

 

 

Foto von Rachel Claire of Pexels

Foto von Victoria Borodinova of Pexels

 

About me

Monika Richrath

Ich bin Monika Richrath, Mentorin und Coach für EFT (Klopfakupressur). Seit 2012 schreibe ich hier sehr PERSÖNLICH über die Themen, Hochsensibilität, Gesundheit, Psychologie, EFT und (Entwicklungs)Trauma.

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