Hochsensibilität hat einen Zusammenhang mit Alkohol in der Familie

Selbst geschrieben und selbst erdacht :-))

Fühlen verboten – wenn Eltern regelmäßig Alkohol trinken

von Monika Richrath

28. März 2021

Eigentlich ist es unglaublich, dass ich mich noch nie mit dem

Thema Alkohol und Alkoholismus,

als Familienkrankheit beschäftigt habe.

Vielleicht ist es auch ganz typisch für das Thema Alkoholsucht, dass es einerseits auf sehr schreckliche Weise präsent ist. (Im Netz habe ich die Information gefunden, dass 6,7 % der 18–64jährigen Bevölkerung in Deutschland Alkohol in riskanter Weise konsumiert, wovon zwischen 1,6 und 2,7 % als alkoholabhängig gelten.) Auf der anderen Seite wird es aber relativ wenig thematisiert. In den sozialen Netzwerken ist mir hierzu noch nie ein Artikel begegnet.

Natürlich habe ich auch einen eigenen Zugang dazu, denn

ich bin das erwachsene Kind eines Alkoholikers.

Ich hatte durchaus schon seit Jahren auf dem Schirm, dass ich irgendwann, eines fernen Tages, mal über Alkoholismus schreiben muss.

Vor kurzem habe ich den Beitrag 10 belastende Kindheitserfahrungen veröffentlicht und eine dazu passende Umfrage erstellt. Es war mir schon klar, dass Alkoholismus in der Familie auf jeden Fall zu den Faktoren gehört, die zu belastenden Erfahrungen in der Kindheit beitragen und als Folge ein Entwicklungstrauma begünstigen. Als ich mir nach einer Zeit die Antworten ansah, war ich geschockt, dass

mehr als die Hälfte

angegeben hatten, dass sie mit einem süchtigen Elternteil aufgewachsen sind. Aufgrund dessen habe ich mir das Buch Familienkrankheit Alkoholismus* von Ursula Lambrou angeschafft.

Das war wie eine Offenbarung.

Wieder sind eine ganze Reihe von Puzzleteilchen meines Lebens an ihren Platz gefallen. Weil mir einfach nicht bewusst war, dass Kinder grundsätzlich am meisten darunter leiden, und welchen Stress es für sie bedeutet, wenn ihre Eltern trinken. Zumindest nicht das Ausmaß und die Folgen, die sich durch elterlichen Alkoholismus für Kinder ergeben.

Denn wenn Eltern alkoholkrank sind, werden

Kinder automatisch vernachlässigt.

Punkt. Der nicht trinkende Elternteil (sofern vorhanden) wird sich immer mehr um den trinkenden Elternteil kümmern und sorgen. Für die Kinder bleibt dann nicht mehr viel Aufmerksamkeit übrig. Die laufen dann eher so mit.

Eine Folge der Vernachlässigung in der Kindheit ist,  dass in den Kindern schon früh ein Gefühl von Wertlosigkeit entsteht, weil man nie wichtig genug zu sein scheint. Weil die anderen offenbar immer wichtiger sind.

Kinder, die in einem solchen Umfeld aufwachsen, entwickeln ganz typische Verhaltensweisen, die auch im Zusammenhang mit Hochsensibilität häufig vorkommen. Eine sehr wichtig Ursache ist:

Es gibt kaum/keinen Schutz.

Der trinkende Elternteil entwickelt sich zu einer möglichen Gefahrenquelle für die Kinder. Unvorhersehbares Verhalten,  Aggressivität  können dazu führen, dass Menschen, die mit viel Aggressivität in der Familie aufwachsen, den Zugang zu Wut nicht nur nicht mehr finden, sondern vollkommen verlieren. Was kein Wunder ist, wenn sie die Erfahrung von Kontrollverlust mehrfach erlebt haben. Der nicht trinkende Elternteil ist oft nicht in der Lage, die Kinder zu (be)schützen.

Es muss aber gar nicht sein, dass es tatsächliche Gewaltausbrüche gibt. Mein Vater war kein Schläger. Zwar gab es hin und wieder sog. (sehr schmerzhafte) Kopfnüsse, aber ich habe nicht das Gefühl, wirklich geschlagen worden zu sein. Trotzdem war in meiner Familie

latente Gewalt vorhanden

jedenfalls zu einem bestimmten Zeitpunkt, und es gab keinen Ort, an dem man wirklich sicher gewesen wäre.

Irgendwie waren beim Streichen der Türen alle Schlösser überpinselt worden, mit dem Ergebnis, dass es nicht ein Zimmer gab, das man hätte abschließen können. Wir haben uns beholfen, indem wir einen sehr schweren Schreibtisch vor die Tür des Kinderzimmers gestellt haben. Wir zwängten uns durch einen sehr engen Spalt hinaus und hinein.

Eines Abends hat mein Vater tatsächlich versucht, hereinzukommen, gab aber gleich auf, als er den schweren Gegenstand hinter der Tür spürte. Was er bei uns wollte? Keine Ahnung.

Eine Erfahrung, die ich mit vielen anderen traumatisierten Menschen teile, ist die, dass wir es kaum aushalten können,

wenn Menschen sich unvorhersehbar verhalten.

Da kann man sehr schnell getriggert werden. Auch durch scheinbare Kleinigkeiten. Die in den Augen anderen Menschen (ohne Trauma Hintergrund) eher unverständlich wirken.

wine 890370 640Wenn Alkoholismus eine Rolle spielt

in unserer Familie, spielen wir als Kinder kaum eine Rolle. Alles dreht sich um den trinkenden Elternteil. Unsere Wünsche, Erlebnisse und Bedürfnisse werden nicht beachtet. Sie scheinen für unsere Eltern nicht weiter wichtig zu sein.

Dies schränkt unsere natürliche Entwicklung ein. Wir können uns nicht richtig entfalten. Zum einen deshalb, weil uns kein Gefühl für den eigenen Wert vermittelt wird. (Was bedeutet, dass wir keine Selbstliebe, Selbstachtung und vielleicht auch kein Selbstbewusstsein entwickeln können.) Zum anderen aber

verlieren wir den Zugang zu unseren eigenen Gefühlen

nach und nach. Zuerst verstecken wir unsere Gefühle vor unseren Eltern und später vor uns selbst.

Wir sehnen uns weg.

Ich wollte immer von Zuhause weglaufen und habe Bücher verschlungen, in denen Kinder von zuhause wegliefen. Das waren meine Lieblingsbücher. Weil die jeweiligen Protagonist*innen den Mut dazu hatten. Was mich angeht, so gab es kleine Versuche abzuhauen, aber ich bin immer wieder nach Hause gekommen, freiwillig. Und so rechtzeitig, dass niemand etwas gemerkt hat. Ich glaube, ich wollte meiner Mutter keinen zusätzlichen Kummer bereiten.

So oder so, in einem Alkoholiker Haushalt

dreht sich alles um Geheimhaltung.

In erster Linie geht es darum, dass Menschen außerhalb nicht davon erfahren sollen, was in der Familie vor sich geht. „Das geht andere nichts an!“ Kennen Sie diesen Satz?

Als Kind hat man in einem derartigen Familiensystem die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass dies so bleibt.

Die Geheimhaltung setzt sich dann weiter fort, indem nicht über Gefühle gesprochen wird.

Bis das Fühlen selbst ein Problem wird.

Etwas zu fühlen, würde ja bedeuten, dass man sich der Vorgänge in der Familie äußerst bewusst bleibt.

Viele Kinder in einer solchen Lage entscheiden sich dann für eine Form des inneren emotionalen „Totstellens“. Für die Kinder geht es um existentielle Fragen, sie bekommen dann das Gefühl, um ihr Überleben kämpfen zu müssen.  Von daher müssen sie Überlebenstechniken entwickeln um mit schwierigen Situationen umgehen zu können. Nichts mehr zu fühlen ist eine solche Strategie.

Eine andere, sehr probate Technik (Und ich bin sicher, dass Sie hier besonders aufmerken werden), ist

das Übernehmen von Verantwortung.

Ohnmächtig, handlungsunfähig zu sein ist ein schreckliches Gefühl. Handeln zu können, etwas zu tun, scheint ein guter Weg aus Chaos, Angst und Unordnung heraus zu sein.

Dieses Verhalten kann sich aber im Laufe des Lebens verselbstständigen. Wenn wir immer Verantwortung übernehmen. Auch solche, für die wir gar nicht zuständig sind. Oder um die Dinge am Laufen zu halten, usw.

Wenn wir uns als Kinder immer wieder in Situationen wiederfinden, in denen wir keine Kontrolle haben, können wir das Überlebensmuster entwickeln,

alles unter Kontrolle haben zu wollen.

In einem gewissen Maß mag uns das gelingen. Aber letzten Endes ist das Leben nicht kontrollierbar. Menschen auch nicht. Besonders schrecklich ist es, dass wir anderen Menschen dann das antun, was uns selbst als Kind angetan wurde, als wir nicht wir selbst sein konnten. (Dazu habe ich noch eine andere Umfrage erstellt, die Sie hier finden).

Ganz wichtig ist natürlich, dass

wir kein Vertrauen in unsere Gefühle entwickeln können.

Es bedeutet auch, dass wir die Verbindung zu unserem Körper nicht mehr herstellen können und ihn verlassen, weil Fühlen einfach weh tut. Kein Wunder eigentlich, dass so viele hochsensible Menschen mit Schmerzen zu tun haben später in ihrem Leben.

Die jahrelange Geheimhaltung führt letzten Endes auch zu

Angst vor Nähe.

Es kann dabei durchaus sein, dass wir uns nach Nähe sehnen, sehr intensiv sogar, aber meistens ziehen wir dann eher die falschen Partner und Partnerinnen in unser Leben, die ebenfalls keine Nähe erfahren haben. So ist eine Neuauflage des alten Leids quasi schon vorprogrammiert. Dazu habe ich schon einmal einen Artikel geschrieben „Warum verliebe ich mich immer in den/die Falsche*n„.

Es braucht sehr viel persönliche Entwicklungsarbeit um hier etwas zu verändern. Es ist aber möglich. Das zählt letzten Endes. Mir hat die Klopfakupressur dabei geholfen, einen Zugang zu meinem eigenen Wesen zu finden und mich auf den Weg zu machen. Nach und nach habe ich gelernt, mit den Schwierigkeiten aus dem Entwicklungstrauma (was häufig eine Ursache von Hochsensibilität ist, bzw. sich häufig hinter dem persönlichen Erleben von Hochsensibilität verbirgt, besser umzugehen. Denn es ist nie zu spät, damit zu beginnen, sich das Leben leichter. zu machen Wenn Sie also Lust haben, mal in die Klopfakupressur hineinzuschnuppern, melden Sie sich zu einem meiner kostenlosen Kurse an.

Puh, das war jetzt ganz schön viel Input. Toll, wenn Sie bis zum Schluss durchgehalten haben!

Vielleicht mögen Sie Ihre Erfahrungen in Sachen Alkohol und Familie mit uns teilen?

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

Image by Vinotecarium from Pixabay 

Image by Daria Nepriakhina from Pixabay 

author avatar
Monika Richrath
Ich bin Monika Richrath, Mentorin und Coach für EFT (Klopfakupressur). Seit 2012 schreibe ich hier sehr PERSÖNLICH über die Themen, Hochsensibilität, Gesundheit, Psychologie, EFT und (Entwicklungs)Trauma.

Über mich

Monika Richrath

Ich bin Monika Richrath, Mentorin und Coach für EFT (Klopfakupressur). Seit 2012 schreibe ich hier sehr PERSÖNLICH über die Themen, Hochsensibilität, Gesundheit, Psychologie, EFT und (Entwicklungs)Trauma.

Vielleicht gefällt dir auch

Der Aufstieg – JETZT

Der Aufstieg – JETZT

Was ist eigentlich der Aufstieg? Und warum musst du dich JETZT entscheiden? Mehr dazu auf meinem Blog.

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

de_DEDeutsch