Außerirdisch

Außerirdisch

Die ganze Woche habe ich schon überlegt, worüber ich in meinem letzten (vorletzten?) Artikel des Jahres 2021 schreiben soll? Erst wollte ich einen Jahresrückblick in Switchwords machen, aber da dies bedeutet hätte, dass ich in meinen Tagebüchern von diesem Jahr hätte schmökern und mich intensiv mit dem Thema

Trauma in Liebesbeziehungen

hätte verbinden müssen, habe ich schnell wieder Abstand genommen. Allein als Akt der Selbstfürsorge. Im Augenblick ist das zu viel Stress für mich. Natürlich möchte ich meine Serie fortsetzen, aber erst in 2022.

Heute morgen bin ich ganz früh aus dem Haus gegangen, um Besorgungen zu machen. Dabei kam ich an einem Platz vorbei, an dem Weihnachtsbäume verkauft werden. Im ersten Moment wusste ich gar nicht, was da los ist. Und ich habe richtig einen kleinen Schreck bekommen, als mir klar wurde: Es ist Weihnachten. Da werden Bäume für das Weihnachtsfest verkauft.

Seit ich vor einigen Jahren begonnen habe, die Rauhnächte zu begehen, (mittlerweile in Form einer gemeinsamen Klopfreise) ist mir Weihnachten als Fest zunehmend fremd geworden. (Das hat natürlich auch noch andere Gründe.) So fremd wie in diesem Jahr aber noch nie. Während ich an den Weihnachtsbäumen vorbei lief, ist mir in den Sinn gekommen, dass ich mich im Moment wirklich

wie eine Außerirdische fühle.

In gewisser Weise so wie damals, als ich begann, mich mit dem Thema Hochsensibilität überhaupt zu beschäftigen. Damals hatte ich das Gefühl, nicht zu der Gesellschaft dazu zu gehören. Heute weiß ich, dass dieses Gefühl in Zusammenhang steht mit belastenden Erfahrungen, die ich in der Kindheit gemacht habe. Ein grundsätzliches Isolationsgefühl, entstanden durch Entwicklungstrauma und vermeidende Bindung. Dieses Gefühl habe ich damals durch KLOPFEN mit der EFT-Klopftechnik (oder Klopfakupressur) erfolgreich abgelegt.

Dass ich dieses Gefühl jetzt wieder habe, ist natürlich der Pandemie geschuldet.

Ich will mich gar nicht beschweren. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, gar nichts über C* zu schreiben (Mittlerweile fürchte ich Corona-Diskussionen wie die Pest. Meine Erfahrung ist, dass diese Diskussionen alles zerstören, was vorher an Verbindung vorhanden gewesen sein mag.  Einfach weil

dieses Thema unsere tiefsten Ängste, Traumata usw. triggert …),

aber aktuell beschäftigt mich dieses außerirdische Gefühl unglaublich.

Ich lebe jetzt seit zwei Jahren wie in einem Lockdown. Selbst als ich die Beziehung noch hatte, war es nicht anders. Es ging nur von einer kleinen Stadt in eine noch kleinere Stadt, die Züge waren leer. Und selbst am Wohnort meiner Partnerin war es wie im Lockdown: nur zum Einkaufen, spazierengehen in der Natur oder zuhause bleiben. Ab und zu ein Treffen mit ihrer Familie.

Seit einem halben Jahr bin ich jetzt praktisch nur noch bei mir Zuhause. Mich stört das gar nicht so sehr, ehrlich gesagt. Meine Wohnung ist schon so etwas wie eine Art Raumschiff für mich, der beste Platz der Welt, an dem ich sein könnte. Und

darüber hinaus bin ich wirklich sehr, sehr gerne allein.

Von daher hat sich für mich im Vergleich zu vor der Pandemie nicht so sehr viel geändert.

Es gibt natürlich ein paar Dinge, die mir unglaublich fehlen. Ausgehen, Tanzen, Museen, Kunst usw. Aber in den vergangenen Monaten habe ich entdeckt, dass es Dinge gibt, die meine diesbezüglichen Bedürfnisse auf eine andere Art und Weise befriedigen. So habe ich herausgefunden, dass das Ansehen einer DVD über Kunst mir fast das gleiche Gefühl gibt wie ein Museumsbesuch selbst …

An meinem Geburtstag habe ich mit drei anderen Freundinnen zusammen in meiner Wohnung eine Tanzparty veranstaltet. Das war unglaublich schön. Sicher, nicht so wie in einer Menschenmenge, aber doch fast …

Du hast es dir sicher schon gedacht: Ich bin nicht geimpft. Ich habe dafür sehr gute Gründe – die ich hier gar nicht erörtern möchte. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis in meiner Stadt bin ich die einzige, die nicht geimpft ist.

So eine Art Kuriosum.

Das macht mir nichts aus. Ich diskutiere das nicht. Mit niemandem.

Aber manche Dinge entwickeln sich im Stillen um dann irgendwann in mir zu explodieren.

Als ich die Fernbeziehung noch hatte und auf meinen Zug wartete und dann eine Durchsage kam zur Maskenpflicht, habe ich oft schaudernd gedacht, dass es ist irgendwie wie in 1984 von George Orwell (Vielleicht kennst du bessere Beispiele, ich bin kein Science-Fiction Fan.)

Später, als ich dann nicht mehr in bestimmte Geschäfte gehen durfte, habe ich gedacht: So fühlt sich also Apartheid an …

Nun, richtig groß einkaufen tue ich schon lange nicht mehr. Ich bin zuhause, kaufe im Supermarkt ein, benutze keine öffentlichen Verkehrsmittel, habe ein minimalistisches Sozialleben und bin fast immer zuhause, arbeite ausschließlich online.

Fast wie im Lockdown also. Weil ich das so will.

Und es geht mir nicht schlecht damit.

Die Diskussionen über die Impfpflicht haben (natürlich) auch bei mir viel in Gang gesetzt. Letztens bin ich morgens aufgestanden und mir kamen so Gedanken in den Kopf. Das ist eher ungewöhnlich. Eigentlich stehe ich morgens auf und freue mich auf den Tag, der vor mir liegt. An diesem Tag habe ich aber gedacht:

So war es also mit den Juden.

So schnell ist Schluss mit der Demokratie.

Da werden einfach die Gesetze geändert und dein Recht auf körperliche Unversehrtheit ist futsch.

Einfach so.

Und plötzlich gehörst du nicht mehr dazu, bist sogar eine Art feindliches Element.

Und das Schlimmste ist, es ist Alltag, alle finden das ganz normal …

Mir wurde ganz komisch bei diesen Gedanken. Ich habe sie mir eigentlich sofort verboten. Aber trotzdem treiben sie natürlich ihr Unwesen in meinem Unterbewusstsein. (Aber natürlich bezieht sich die Parallele, die mir hier in den Sinn kam, ausschließlich auf die schrittweise Ausgrenzung aus der Gesellschaft.)

Eingangs habe ich ja geschrieben, ich fühle mich wieder wie eine Außerirdische.

Sowas von. Aber etwas ist doch ganz anders als am Anfang, als ich begann,

mich mit Hochsensibilität und ihren Auswirkungen

zu beschäftigen.

Aber trotzdem: Selbst, wenn ich aktuell wieder das Gefühl habe, nicht zur Gesellschaft zu gehören, ist etwas vollkommen anders: ich bin nicht mehr allein,

ich bin verbunden.

Mehr als je zuvor in meinem Leben sogar. Sehr viele Menschen sind weiter weg gerückt, was ich teilweise sogar begrüße. Andere sind aber näher gekommen. Manche treffe ich nie physisch, sondern nur online. Einige sind geimpft, andere nicht, von manchen weiß ich es gar nicht. Das ist nicht die Grundlage unserer Verbindung. Die Grundlage ist, dass wir uns mögen, schätzen und Freude an der Gesellschaft der anderen haben.

Wir sind gerne zusammen.

Ich denke, dieser Aspekt kommt sogar in meinen Intensivkurs-Gruppen zum Tragen, selbst, wenn die Grundlage für solche Treffen durch Bezahlung geschaffen wurde. Mit mir macht das jedenfalls ziemlich viel. Ich freue mich immer sehr auf meine Gruppentreffen. Umgekehrt scheint es für die Teilnehmerinnen auch so zu sein – nur selten fehlt jemand.

Wenn mich die Pandemie eines gelehrt hat, dann

den Wert von Gemeinschaft.

Der nun, nach 2 Jahren quasi-Lockdown, eine ganz neue Bedeutung für mich bekommen hat. Ich mag eine Außerirdische sein, aber ich bin doch Teil einer Gemeinschaft anderer Außerirdischer und Halblingen und anderen Spezies …

Für alle, die Teil meiner Gemeinschaft sind oder sein wollen: Komm gerne in Online Community Switchwords als Weg. Dort tauschen wir uns über unsere Erfahrungen mit dem Switchword des Tages aus.

Ich wünsche dir erst einmal einen lichtvollen Advent.

Und bevor ich mich von meinen Ängsten überwältigen lasse, drücke ich schnell den „Veröffentlichen“ Button 😉

Von Herzen,

 

 

 

Image by Ribastank from Pixabay 

Nachtrag

Das hier ist mein Raum. Ich verdiene es, mit Respekt behandelt zu werden. Aggro-Kommentare landen kommentarlos da, wo sie hingehören: im Spam-Ordner.

Trauma in Liebesbeziehungen – meine Familie

Trauma in Liebesbeziehungen – meine Familie

Wenn man sich mit Trauma in Liebesbeziehungen und Hochsensibilität beschäftigt, kommt man nicht umhin, sich mit Familie zu beschäftigen, nicht nur der eigenen, sondern auch der des/der Partner*in. Ob man das nun möchte oder nicht.

Bis jetzt habe ich mich erfolgreich um das Thema Familie gedrückt, aber nun muss es eben doch sein. Familie ist ja der Ort, wo der ganze Stress entsteht, wo wir geformt werden, wo wir uns verlassen und verlassen werden und verloren gehen. Und bitte denke daran, wenn dich hier etwas triggert, zu klopfen, an der Handkante oder am Schlüsselbein oder an einem Punkt deiner Wahl, den du besonders gern hast.

Ich habe mich immer superschwer getan mit den Familien meiner Partner und Partnerinnen. Vermutlich weil es dort so

viele Parallelen zu meiner eigenen Familie

gab. In den ersten Beziehungen, die ich mit anderen einging, spielte das Thema Alkohol immer irgendwie in irgendeiner Form eine Rolle, ob nun im Hintergrund oder nicht. Das Leben lässt grüßen! Später hat sich das etwas verloren, bzw. ich bekam nicht mehr genug von den Familien meiner Partner*innen mit um das beurteilen zu können. Wenn machbar, blieb ich auf Abstand.

Zu meiner eigenen Familie habe ich

ein sehr, sehr schwieriges Verhältnis.

Irgendwie habe ich mich im Kreis meiner Familie nie wohl gefühlt. Und sicher schon gar nicht. Das lag nicht nur an der drangvollen Enge (Tatsächlich bewohne ich jetzt eine Wohnung alleine, die fast so groß ist, wie die Wohnung, in der ich aufgewachsen bin, nur, dass wir damals zuerst zu siebt dort lebten und später zu sechst!) und des völligen Fehlens eines eigenen Raums …

Ganz lange Zeit hätte ich gar nicht zu sagen vermocht, was eigentlich so schwierig war, warum ich mich so unwohl fühle. Sicher, ich hatte diese sehr schwierige Beziehung mit meiner Mutter, das Gefühl, nicht willkommen zu sein, was mich praktisch mein ganzes Leben lang begleitet hat (Erst in diesem Jahr konnte ich mit meiner Mutter eine Art Frieden machen, post-mortem). Aber besser spät als nie! Das Verhältnis zu meinem schon vor Ewigkeiten verstorbenem Vater betrachte ich auch als weitgehend geklärt …

Ich bin übrigens sicher, dass meine

Eltern beide mit Hochsensibilität zu tun hatten,

und auch, dass beide Scanner-Persönlichkeiten waren, so wie ich. Sie waren beide sehr wissbegierig und vielseitig interessiert, das wird sie auch verbunden haben. Meine Geschwister würde ich da erst einmal nicht so einsortieren. Aber vielleicht tue ich ihnen auch unrecht.

Entwicklungstrauma als Folge dysfunktionaler FamilienJedenfalls sind meine Geschwister ein Kapitel für sich. Grundsätzlich war es schon einmal sehr schwierig für mich, dass

mein Status als drittes von fünf Kindern in der Familie nie festgelegt war,

sondern davon abhing, mit dem ich das Zimmer teilte. Waren es die beiden Älteren, gehörte ich zu den Großen, waren es die beiden Jüngeren, gehörte ich zu den Kleinen. Mit dem Status waren gewisse Privilegien verbunden, z. B. wie lange man aufbleiben darf. Meine ganze Kindheit hindurch gab es Dinge, die ich mal durfte und dann mal wieder nicht.

Dinge, die für meine Geschwister selbstverständlich waren, galten für mich nicht,

z. B. musste ich mit 16 zu anderen Uhrzeiten zuhause sein als alle anderen.

Früher ist mir das nie in den Sinn gekommen, aber im Rückblick kommt es mir vor, als habe mich meine Mutter in irgendeiner Form an sie gebunden. Obwohl ich nicht zu sagen vermag, wie genau. Sicher ist jedenfalls, dass ich erst, nachdem meine Mutter gestorben  war, das Gefühl hatte:

Jetzt kann ich mein eigenes Leben leben!

Falls du mir bis jetzt in meiner Serie Trauma in Liebesbeziehungen gefolgt bist, erinnerst du dich vielleicht daran, dass ich relativ schnell gemerkt habe, dass die Beziehung mit X tief vergrabene Dinge ans Tageslicht holte und ich überhaupt nicht mehr klarkam.

Darum habe ich eine Traumatherapie begonnen.

Irgendwann fiel mir ein Familienfoto in die Hände, wo ich im Kreise meiner Schwestern sitze. Natürlich kannte ich das Foto. Es wurde aufgenommen, als ich ungefähr 18 war. Aber zum ersten Mal habe ich auf diesem Foto etwas erkannt (und es war eine tief körperlich empfundene Erkenntnis!): nämlich, dass ich im Vergleich mit meinen Schwestern

einfach verkümmert

wirke. Nicht nur halb so groß, sondern insgesamt nur die Hälfte von allem. Als sei ich nicht richtig gediehen.

Das war ein tiefer Schock.

Es war, als würde ich zum ersten Mal mein Unwohlsein in meiner Familie wirklich verstehen, mit all meinen Sinnen begreifen. Und es ist natürlich überhaupt nicht verwunderlich, dass ich in meiner Familie das Gefühl habe, ich bin einfach nichts und alles was ich kann und weiß, zählt dort nicht.

In meinem letzten Workshop habe ich gesagt, dass ich dich, meine treue(n) Leser*innen und Follower*innen

viel mehr als Familie begreife

als meine eigene Herkunftsfamilie. Im Großen und Ganzen fühle ich mich von dir und euch wirklich gesehen, als das, was ich bin und kann. Du/Ihr gibst/gebt mir das Gefühl, etwas zur Welt beitragen zu können, etwas zu bewirken, in dir und deinem Leben.

In meiner Familie zählt all das nicht, dort bin ich überhaupt nichts.

Nur ein paar Beispiele: Als wir die Feier für die Beeerdigung meiner Mutter planten und ich eine Rede halten wollte, wurde mir beschieden „Aber nur ganz kurz!“ Abfällige Bemerkungen darüber, wieso ich mir denn einbilden würde, ich könnte jemals ein Buch veröffentlichen und etwas zu sagen haben, habe ich mehrfach gehört …

Das alles gärt nun schon seit Jahren in mir.

Nach dem Tod meiner Mutter sind wir übrig gebliebenen Kinder erst einmal enger zusammengerückt. Irgendwann kam aber der Moment, wo ich gemerkt habe, das Unwohlsein im Kreis meiner Geschwister hat mich wieder eingeholt.

Und so kam es, dass sich im Zuge meiner Traumatherapie in irgendeinem Winkel meiner Selbst Mut angesammelt hat, so dass ich meinen Geschwistern eines Tages, als ein online Treffen im Gespräch war, für mich selbst überraschend mitgeteilt habe, dass ich sie fürs erste nicht sprechen und treffen möchte.

Ich war es einfach leid, dass, wenn ich in unserer Whatsapp-Gruppe etwas über mein Leben erzähle, einfach keine Reaktionen kommen. Als sei ich unsichtbar.

Ich bin sehr froh mit meiner Entscheidung.

Es ist, als sei eine Riesenlast von mir gefallen. Erst durch die Distanzierung habe ich gemerkt, wie unwohl ich mich mein ganzes Leben in meiner Familie gefühlt habe. (Natürlich gab es am Anfang auch ein Angstmoment, aber das ist ziemlich schnell verflogen).

Parallel dazu habe ich mich auch noch aus einer Freundesgruppe gelöst, wo ich genau das gleiche Gefühl habe: dass es nicht wichtig ist, ob ich da bin oder nicht, außer aus Gründen der Vollständigkeit oder außer ich soll etwas Bestimmtes tun. Aber eigentlich interessiert sich niemand für mich. Und wir sprechen auch keine gemeinsame Sprache, es ist unmöglich für mich, bei den anderen anzudocken, weil ich ihre Interessen weder verstehen noch nachvollziehen kann.

So geht es mir wohl mit allen größeren Gruppen. Stets sind sie für mich wie

eine Art Abbild meiner Familiendynamik gewesen.

Jetzt habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, eine positive Veränderung erreicht zu haben. Indem ich mich von denen abgewandt habe, in deren Gegenwart ich mich unwohl fühle. Statt dessen habe ich mich Menschen zugewandt, mit denen es eine gemeinsame Kommunikationsebene gibt und gemeinsame Interessen. Menschen, die sich für das interessieren, was mich bewegt und womit ich mich beschäftige und was ich mache. Und ich interessiere mich in gleichem Maß für ihr Leben. Das ist so etwas von befreiend! Ich habe das Gefühl,

ich darf mich endlich entfalten!

Eigentlich sollte dies ein Artikel über meine Famlie und die Familie von X werden. Kaum hatte ich mich hingesetzt, flog der Stift nur so über das Papier, also kommt ihre Familie erst im Artikel nächste Woche dran. Es ist verrückt, mir scheint, je mehr ich zu dem Thema schreibe, umso mehr will aus mir heraus …ich muss den Worten, die sich schon in mir drängeln, einfach nur die Möglichkeit geben, herauskommen zu dürfen …

Wie gehts dir mit deiner Familie? Erträgst du sie, bist du auch auf Abstand gegangen oder hast du deinen Frieden gemacht? Wie immer freuen wir uns, wenn du  deine Geschichte mit uns teilst.

Von Herzen,

Deine Monika

Trauma in Liebesbeziehungen – Sicherheit

Trauma in Liebesbeziehungen – Sicherheit

Ich musste mich erst mal nach dem letzten Mini-Workshop erholen, in dem es u. a. auch um die Zusammenhänge von Hochsensibilität und Entwicklungstrauma ging. Ein Ergebnis dieses Workshops ist es, dass ich beschlossen habe, jetzt auf das DU umzusteigen! (Ich schaffe es allerdings nicht, meine 285 Blogartikel umzuschreiben …)

Mit diesem Artikel setze ich meine

Serie über Trauma in Liebesbeziehungen

fort.

Vor kurzem war ich seit langer, langer Zeit mal wieder bei einer Heilpraktikerin. Ich kam mit einer sehr niederschmetternden Diagnose nach Hause. Nämlich, dass der

eppstein barr virusEppstein-Barr-Virus wieder aktiv

ist! Mir war ziemlich schnell klar, dass das wohl meiner Ex-Beziehung geschuldet ist.

Ich hatte mich ja sowieso nur sehr locker an die Richtlinien der medialen Medizin gehalten. Jetzt ließ ich sie ganz und gar fahren. Ich hörte auf, viel frisches Obst und Gemüse zu essen, weil ich nie lange genug zu Hause war und es dann im Kühlschrank vergammelte. Es hin und her zu transportieren hatte auch keinen Sinn, weil meine Partnerin auf bio bestand (was ich zwar häufig kaufe, aber nicht ausschließlich). Statt dessen begann ich

wieder viel glutenfreie Ersatzprodukte zu essen,

oft belegt mit Wurst, aus Mangel an Alternativen. Brotaufstriche schmecken mir nicht und Käse ist ganz verboten wegen dem Kasein.

X hat aus verschiedenen Gründen darauf bestanden zu kochen. (Ich denke, es war auch ein Sicherheitsthema). Das habe ich natürlich ohne Ende genossen … Das Essen ist aber nur ein Aspekt …

Bei Trauma wird Nähe und Distanz zum ProblemIm letzten Artikel dieser Serie hatte ich ja erzählt, dass ich Schluss machen wollte, ich hatte gar keine Lust mehr, Liebe hin oder her.

X wusste immer ganz genau, was zu tun ist, sie hat mich dann in meiner Stadt besucht, wir haben währenddessen festlegt, dass wir uns mit dem Fahren abwechseln. Das hat ganz und gar nicht funktioniert. Es war für sie nicht nur organisatorisch kaum machbar, es gab einfach zu viele damit verbundene Ängste.

Und es mündete darin, dass meine Wohnung, wenn sie bei mir war,

kein sicherer Ort mehr für mich

war. Ich war permanent gestresst, wollte es leicht und EINFACH für sie machen. Wenn sie wieder weg war, war ich total erschöpft vor lauter Anstrengung, ihr alles recht machen zu wollen. Sie sollte sich ja bei mir wohl fühlen. Aber das ging gar nicht. Sie konnte sich bei mir per se einfach nicht in Sicherheit fühlen. Das hatte gar nichts mit mir zu tun. Meine Wohnung war  nicht ihre Wohnung, es gab die Fahrt und und und …

Ich habe sehr schnell eingelenkt und meine Forderung FALLEN geLASSEN. Für mich war das Fahren an sich nicht kompliziert und hatte keine Sicherheits-Aspekte, darum habe ich es wieder aufgenommen, aber nur noch alle zwei Wochen. Das brachte eine gewisse Entlastung und wieder mehr Ruhe in mein Leben.

Wir haben uns dann eingerichtet in einem 14tägigen Rhythmus.

Aber dann begann ich,

gewisse körperliche Symptome zu entwickeln,

die ich in der Vergangenheit häufig erlebt hatte, aber jetzt seit Jahren nicht. Es kam z. B. vor, dass ich mich am Abend, bevor ich zu ihr fahren wollte, begann, mich sehr krank zu fühlen.

Anfangs habe ich gedacht, ich hätte Corona – obwohl ich abgesehen von den Zugfahrten in die andere Stadt und zum Einkaufen niemals irgendwo hin ging oder fuhr. Die Tests waren immer negativ.

Heute, eineinhalb Jahre später, denke ich, dass der Eppstein-Barr sich damals vermutlich schon zurückgemeldet hat. Denn eine Sache habe ich damals EINFACH nicht verstanden – die mir heute, während ich dies hier schreibe – glasklar ins Auge sticht:

Wie sehr mich das Leben dieser  Liebe in Stress versetzte,

in einen unglaublichen, anhaltenden Stress. Jetzt glaube ich, dass sich ein Teil von mir vermutlich schlicht und ergreifend gefürchtet hat, zu ihr zu fahren. Denn dort war ich nicht in Sicherheit. Heute weiß ich, dass ich jedes Mal, wenn sie sich plötzlich gemein verhielt (was natürlich einen Grund hatte, bei ihr wurde irgendetwas angetriggert) ich eine Form von Retraumatisierung erlebt habe. Und natürlich habe ich sie auch retraumatisiert, wenn auch auf andere Weise. Das kommt später noch.

Häufige demütigung kann ein trauma auslösenIm Rückblick kann ich sehen, dass wir

beide heillos überfordert waren mit dieser Liebe.

Und irgendwie auch gefangen in den Gefühlen füreinander, die sehr intensiv waren.

Bis dahin hatte es für mich nur zwei Gründe gegeben, eine Beziehung zu beenden:

1. die Liebe ist weg oder

2. das Begehren ist futsch.

Und da weder das eine noch das andere der Fall war, habe ich einfach immer geguckt, was geht. Einen Schritt nach den anderen gemacht.

Von weitem betrachtet wirkt das heute sehr befremdlich auf mich. In dem Workshop, den ich vor kurzem gegeben habe, habe ich den Zuschauer*innen gesagt:

„Solange ich keine Beziehung hatte, ging es mir gut.“

Meiner Partnerin war es genauso gegangen. In der Beziehung haben wir darüber noch Witze gemacht! Wie das so ist, wenn man mitten in einer Situation steckt und etwas sehen kann, was man trotzdem nicht wirklich versteht. (Hätten wir das getan, hätten wir uns ja eigentlich trennen müssen.)

Alleine dadurch, dass ich das jetzt in dem Workshop ausgesprochen habe, ist in mir richtig noch einmal etwas passiert.

Irgendein Teil, oder Jemand in mir fragt sich jetzt, ob es eben einfach grundsätzlich nicht geht,

ob ich Beziehungen einfach für mich abschreiben soll?

Ich hatte mich ja auch auf diese Beziehung eingelassen, weil ich dachte, zwei reflektierte Menschen, die von der eigenen Hochsensibilität wissen, viel an sich gearbeitet haben und eine gute Kommunikation haben und vor allen Dingen einen soliden Fundus an psychologischem Wissen an sich und über sich selbst könnten

Bei Trauma ist die Verbindung beeinträchtigtgemeinsam eine ganz besondere Beziehung zustande bringen.

Unsere Wunschvorstellung war eine Beziehung gewesen, die getragen wird von Verständnis für die andere und sich selbst. Das Verständnis war da. Und der Wille und Wunsch es gut zu machen, war auch auf beiden Seiten da. Wir haben z. B. regelmäßig Zwiesprache abgehalten nach Konfliktsituationen, damit wir nicht im Bösen auseinandergehen. Es hat ja immer eine ganze Zeit gedauert, bis wir uns wiedersahen. Und am Telefon kann man sich nun mal nicht in den Arm nehmen. Eine Zeitlang hat es funktioniert, es ist uns gelungen, Konflikte und Zusammenstöße „in Schach zu halten“. Aber je größer die Liebe wurde, umso weniger hat das funktioniert. Dazu später mehr.

Mein Fazit dieser Beziehung ist darum (und des Lebens überhaupt ist):

Manchmal ist Liebe nicht genug.

Diese Erkenntnis fand ich ziemlich niederschmetternd. Sie hat sozusagen mein ganzes Glaubensgerüst umgeworfen. Mir war überhaupt nicht klar, dass es extrem schwierig bis unmöglich sein kann, eine Beziehung zu leben,

wenn man einen Trauma Hintergrund hat,

vor allen Dingen einen Entwicklungstrauma Hintergrund, wenn man schon von klein auf die Erfahrung gemacht hat, dass andere Menschen nicht sicher sind.

Dabei geht es ja um Sicherheit,

um unser Überleben. Dieses Gefühl ist so viel mächtiger als Liebe. Ich bin erst in dieser Beziehung überhaupt mit diesem Teil von mir in Berührung gekommen.

Aus einer Meta-Perspektive kann ich natürlich sehen, dass diese Beziehung

ein großartiges Geschenk für mich

war. Wären wir nicht zusammengekommen, hätte ich wahrscheinlich noch Jahre lang gedacht: „Mit meinen Leichen im Keller beschäftige ich mich später …“. Ich hätte niemals eine Traumatherapie begonnen und auch nicht verstanden, was Trauma und Entwicklungstrauma eigentlich ist. Ich wäre jetzt  hier nicht an diesem Punkt. Und es ist schon verrückt, dass ich nach neun Jahren, in denen ich schon mit dem Thema Hochsensibilität arbeite, ich jetzt erst das Gefühl habe, ich bin beruflich wirklich angekommen!

Ich bin ganz sicher auch noch nicht mit dieser Serie am Ende. Es gibt noch ein paar Aspekte, mit denen ich mich unbedingt beschäftigen möchte.

Wie ist es mit dir? Wie sicher fühlst du dich in einer Beziehung? Wie immer freue ich mich, wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst.

Von Herzen,

Deine
Monika

Foto von Porapak Apichodilok von Pexels

Foto von Liza Summer

Foto von Markus Spiske

Von Liza Gross – (2005) Virus Proteins Prevent Cell Suicide Long Enough to Establish Latent Infection. PLoS Biol 3(12): e430 DOI: 10.1371/journal.pbio.0030430http://biology.plosjournals.org/perlserv?request=get-document&doi=10.1371/journal.pbio.0030430, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=861856

 

Was ist ein Entwicklungstrauma?

Was ist ein Entwicklungstrauma?

Wie hängt Hochsensibilität mit Entwicklungstrauma zusammen? Wenn wir uns damit beschäftigen, was ein Entwicklungstrauma ist, müssen wir uns auch damit beschäftigen, was Hochsensibilität ist. Wenn heute jemand über Hochsensibilität spricht, ist nämlich unklar, was damit gemeint ist. Jeder verwendet diesen Begriff anders. Deswegen möchte ich hier noch einmal kurz erläutern, was ich überhaupt meine,

wenn ich von Hochsensibilität spreche.

Jüngere Forschungen weisen darauf hin, dass Sensitivität ein angeborenes Merkmal ist, wie Intelligenz. Und wie bei Intelligenz sind die Ausprägungen in den Menschen unterschiedlich. Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass 31 % aller Menschen hochsensitiv sind, d. h. einfach mehr wahrnehmen als andere. (Mir gefällt der Begriff der Neurosensitivität in diesem Zusammenhang ausnehmend gut.)

Man weiß heute, dass sich

unser Gehirn entsprechend den Erfahrungen unserer Kindheit formt.

Das bedeutet, dass sich belastende Erfahrungen in der Kindheit direkt auf unser Gehirn auswirken. Und so kommt es, dass Kinder, die unter schwierigen Umständen groß werden, viele Belastungen und wenig Unterstützung erfahren, eine sog. Vulnerabilität entwickeln können, d. h. sie entwickeln Ängste, ihnen fehlt VERTRAUEN in ihre Eltern, in andere und in sich selbst. Der langfristige Stress führt dann zu einer allgemeinen Stressanfälligkeit. Das ist es, was meiner Meinung nach die Hochsensibilität ausmacht. Jedenfalls sind das die Menschen, die sich von mir und meiner Arbeit angezogen fühlen.

Erst in jüngerer Zeit kommt das Thema „Trauma“ allmählich in der Öffentlichkeit an. Allerdings verstehen die meisten darunter nach wie vor eher ein Schocktrauma, also ein einmaliges Ereignis, wie z. B. einen Unfall. Das ist aber nur ein WINZIGer Ausschnitt aus der Palette möglicher Arten von Traumatisierungen.

Denn das, was wirklich schlimm und krass ist und sich so auf die Gesellschaft als ganzes auswirkt, ist das

sog. Entwicklungstrauma.

Es ist in der Öffentlichkeit leider überhaupt nicht präsent. (Obwohl dadurch letzten Endes unendlich viele Kosten für die Gemeinschaft verursacht werden!)

Unter Entwicklungstrauma versteht man die Beeinträchtigung der biologischen und emotionalen Entwicklung eines Kindes. Eine natürliche Entwicklung unterstützt ein Kind darin, Resilienz und andere Fähigkeiten zu entwickeln, die ihm helfen, im Leben zurecht zu kommen. Zum Beispiel Selbstliebe, Selbstachtung, Zuversicht und SelbstVERTRAUEN. Wie man sich selbst beruhigt gehört auch dazu.

Vielleicht ahnst du ja schon, worauf ich hinaus will …

Den meisten hochsensiblen Menschen fällt Letzteres schwer (sofern sie nicht als erwachsene Menschen eine Technik zur Selbstberuhigung gelernt haben). Weil sie Selbstberuhigung als Kleinkind nicht von ihren Eltern lernen konnten. Weil ihre Eltern selbst nicht wussten, wie man sich selbst beruhigt und es infolgedessen auch nicht weitergeben konnten.

hochsensible Menschen erfahren häufig EinsamkeitEin Entwicklungstrauma bedeutet, unter sehr schwierigen Bedingungen aufzuwachsen, vielleicht die ganze Kindheit hindurch mit belastenden Situationen zurechtkommen zu müssen, die, jede für sich genommen, schon schlimm genug ist.

Dazu gehören z. B. (mehr darüber finden Sie in dem Blogartikel 10 belastende Kindheitserfahrungen)

  1. ein oder beide Elternteile sind süchtig
  2. verbale Angriffe
  3. emotionaler Missbrauch
  4. Vernachlässigung
  5. Gewalt
  6. Verlassenwerden
  7. Bindungsabbrüche
  8. Geschwister Trauma
  9. Armut
  10. ein oder beide Elternteile sind psychisch krank.

Manchmal kommen auch mehrere dieser Belastungen zusammen – ich habe mindestens fünf von dieser Liste.

Für jede dieser Trauma Situationen entwickeln wir bestimmte Überlebensstrategien. Aus jeder dieser Situationen leiten wir

bestimmte Lernerfahrungen

ab. Wir speichern sie in Form von Glaubenssätzen. Wenn wir z. B. Eltern haben, die cholerisch sind, können die Auswirkungen sein, dass wir uns wahrscheinlich vor Aggressivität überhaupt fürchten und unterdrücken unsere eigenen aggressiven Impulse. Langfristig werden wir daraus eine Unfähigkeit entwickeln, Wut zu spüren. Und das ist sehr fatal, denn dies hat auch auch ganz viel mit der Fähigkeit zu tun, anderen Menschen unsere Grenzen aufzuzeigen. Kein Wunder, dass Schwierigkeiten damit, Grenzen zu setzen in der Hochsensibilität fast immer eine Rolle spielen …

Auch unsere Bindungen

werden durch Entwicklungstrauma beeinträchtigt.

Ein Entwicklungstrauma ist immer auch ein Bindungstrauma. Vor allen Dingen unsere Bindungen an unsere erwachsenen Bezugspersonen. Denn als Kinder lernen wir durch Nachahmung und durch ihr Verhalten.  Haben wir z. B. in einer Situation Angst und werden getröstet, lernen wir, dass jemand für uns da ist, der uns hilft, dass es gut ist, anderen unsere Gefühle zu zeigen. Vielleicht lernen wir auch, dass das, weswegen wir uns eigentlich gefürchtet haben, nicht so schlimm ist.

Werden wir als Kinder jedoch nicht getröstet, bleiben wir auf unseren Angstgefühlen und Stresshormonen sitzen. Wir lernen, dass wir keine Hilfe bekommen – und können auch eine Angst entwickeln, keine Hilfe zu bekommen. Und weil Kinder einerseits bis zu einem bestimmten Alter immer alles auf sich selbst beziehen müssen und andererseits Erklärungen brauchen und wollen,

könnten wir daraus innere Glaubenssätze entwickeln

wie:

  • ich bin nicht wichtig
  • ich bin nicht liebenswert
  • ich habe es nicht verdient, dass man mir hilft
  • ich bin ALLEIN
  • ich kann niemandem vertrauen
  • ich fühle mich in Beziehung nicht sicher

usw.

Es ist natürlich noch eine Steigerung dieser Situation denkbar: Dass man für seine Angst verspottet und lächerlich gemacht wird. Ich bin sicher, dass du dir das sehr gut vorstellen kannst, bzw. vielleicht auch schon selbst erlebt hast.

In der letzten Zeit habe ich

mich sehr eingehend mit Bindungsmustern beschäftigt,

bin aber – was Hochsensibilität angeht – auf keinen grünen Zweig gekommen.

Man unterscheidet Bindungsmuster in sichere Bindung, vermeidende Bindungen, unsicher-ambivalente  und desorganisierte Bindungen. Die desorganisierte Bindung ist besonders „interessant“ im Zusammenhang mit Trauma und Partnerschaft (letztere bleibt nie unberührt durch ein Bindungstrauma).

Ich konnte durch meine Artikelserie Trauma in Liebesbeziehungen für mich selbst AUFDECKEN, dass die Beziehung zu meinen Eltern desorganisiert war. Das war ein Schock. Desorganisiert bedeutet:  die Bindung ist total chaotisch, man weiß nie, was kommt, man kann nichts erwarten und häufig gibt es auch ein Angstelement, weil die entsprechende Person sich PLÖTZLICH so verhält, dass man sich bedroht fühlt. Dann hat man Angst vor der Person, die man liebt oder lieben sollte und die einen selbst auch lieben sollte …

Wenn ich mir aber ansehe,

was vermeidende Bindung ausmacht,

dann erkenne ich mich und meine Klient:innen zu 100 %wieder! Lt. Diane Poole Heller* (Autorin des Buches „Tief verbunden“) sind das:

  • Vereinsamung
  • Mangel an emotionaler Zuwendung
  • Mangel an elterlicher Präsenz
  • oder eine aufgabenbasierte Präsenz
  • fehlende Beruhigung
  • emotionale Vernachlässigung
  • unstimmiges Verhalten
  • gestörtes Bindungsverhalten und
  • Zurückweisung.

hochsensibilität hat mit Isolation zu tunFür die Kinder ergibt sich daraus ein ganz grundsätzliches Isolationsgefühl. Ganz viele hochsensible Menschen kennen das Gefühl, sich wie ein Alien zu fühlen, fremd zu sein, nicht dazuzugehören. Ich selbst kenne das auch. In der Folge fühlt man sich in Beziehung mit anderen Menschen oft nicht wohl oder baut Beziehungen eher auf einer wesentlich ungefährlicheren Basis auf, z. B. zu Tieren, Pflanzen oder nicht belebten Objekten. Es ist natürlich auch logisch, dass man Beziehungen eher vermeidet, wenn man sie immer nur als eher schmerzhaft  und

sich selbst machtlos fühlt.

Man kann z. B. das Muster entwickeln, sich an Tätigkeiten festzuhalten, die einen noch weiter von anderen entfernen.

Mir blutet das Herz, als ich lese, dass Schwierigkeiten mit dem Augenkontakt ein weiteres Merkmal vermeidender Bindung ist. Damit habe ich selbst den Großteil meines Lebens zu kämpfen gehabt.

Während ich dies schreibe, merke ich, dass jeder dieser Punkte ein eigener Blogbeitrag wert wäre …

Lass mich noch kurz benennen: die

Schwierigkeit, persönliche Bedürfnisse zu erkennen

und zu äussern, eine Betonung der linken Gehirnhälfte (sehr, sehr viele hochsensible Menschen sind äußerst kopfbetont) und einen Hang zum praktischen Handeln. Ich weiß natürlich nicht, wie es dir beim Lesen geht, aber ich sehe da nur Merkmale, die für mich zur Hochsensibilität gehören.

Halten wir also fest, dass es offenbar einen

Zusammenhang gibt zwischen Hochsensibilität und nicht-sicheren Formen der Bindung.

Ein Bindungstrauma kommt ebenfalls häufig im Zusammenhang mit Hochsensibilität vor. Bei Michaela Huber habe ich in dem Buch „Trauma und die Folgen“ die Aussage gefunden, dass ein Kind desorganisiert gebunden aufwächst, wenn seine Eltern an

unverarbeiteten Traumata

leiden. Ich wollte es dann genau wissen und habe bei der Autorin Sabine Bode im Buch „Die vergessene Generation“ nachgesehen. Sie schreibt, dass rund 30 % aller Menschen, die den 2. Weltkrieg als Kinder erlebt haben, unter belastenden Folgeschäden leiden. Das erscheint mir sowas von unwahrscheinlich.

Überlege einmal, wie sehr Corona uns auf allen Ebenen zugesetzt hat, vor allen Dingen emotional. Wie immer erfahren Kinder diese unsicheren Lebensbedingungen ungleich härter als  Erwachsene. Von Studien wissen wir, dass Corona eine extreme Auswirkung auf die Psyche der Kinder hatte. Nun ist ein Krieg noch eine ganz andere Hausnummer, bei der es noch viel krasser zugeht.  Ich bin bin felsenfest davon überzeugt, dass die ganze Generation unserer Eltern (also die Eltern von allen, die etwa zwischen 1955 und 1975 geboren wurden) in irgendeiner Form durch den 2. Weltkrieg ein Trauma erlebt hat und zu den Folgen eine posttraumatische Belastungsstörung gehört. Dafür spricht meines Erachtens auch, dass diese Generation nicht mehr einfach an Altersschwäche stirbt, sondern krank wird durch Stress und unter unter Umständen lange dahinsiecht.

Und es bedeutet auch, dass wir, die Kriegsenkel und die nachfolgenden Generationen,

die kollektive Traumatisierung mittragen.

Wenn nicht durch direkte Weitergabe, dann dadurch, dass unsere Eltern sich uns nicht zuwenden (sondern manchmal sogar eher ab) und uns all die Dinge geben konnten, die wir gebraucht hätten, um gesunde Resilienz zu entwickeln. Unsere Eltern waren einfach viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Oder haben vielleicht im Grunde auch nie erwachsen werden können.

Natürlich habe ich keine Beweise dafür. Aber ich habe meinen gesunden Menschenverstand. Und meine Lebenserfahrung. Und wenn man beginnt, sich intensiver mit sich selbst und mit Trauma auseinander zu setzen, ist eines der ersten Dinge, die einem ins Auge stechen:

wie ungeheuer verletzlich wir sind

aber auch: wie lebendig und wie lebenshungrig.  Wir wissen alle, dass wir etwas anderes hätten bekommen sollen. Und dass wir das noch erleben wollen, was hätte werden können aus uns, hätte es andere Startbedingungen gegeben. Statt dessen sitzen wir hier mit einem Berg an Lernerfahrungen und

Glaubenssätzen aus belastenden Kindheitserfahrungen, die uns das Leben schwermachen.

Diese Überzeugungen haben wir zu einem Zeitpunkt entwickelt, als wir schlüssige Erklärungen brauchten. Damals hatten sie ihren Sinn für uns. Heute aber meistens nicht mehr.

Genau darum habe ich den Intensivkurs entwickelt, meinen online Kurs „Besser umgehen mit Hochsensibilität“. Seit ich den „Conscious EFT“ Ansatz der kanadischen EFT-Masterin Nancy Forrester kennengelernt habe, wusste ich sofort, dass das richtig ist für mich und „meine Leute“. Denn dort geht es darum, die EFT Klopftechnik viel sicherer zu machen.

Konkret bedeutet es, dass ich mit Klient:innen nicht (mehr) in der Vergangenheit herumgrabe. Statt dessen SUCHEn wir nach Glaubenssätzen, die sich durch ihre/seine Lernerfahrungen ergeben haben, die heute ein Sich-wohl-fühlen verhindern. Deswegen geht es im Intensivkurs viel weniger darum, einzelne Sätze mit EFT zu klopfen, sondern kurze Impulse zu den jeweiligen Themen – die aber viel intensiver und tiefer wirken als Sätze.

Eine Teilnehmerin meiner ersten Intensivkursgruppe hat mir geschrieben: „Immer wieder gibt es Momente, beim Online-Klopfen oder auch alleine zu Hause, wenn ich die ersten Mal einen neuen Klopf-Impuls befolge, wo ich tief berührt bin und das Gefühl habe, mit Teilen von mir in Kontakt zu kommen, die ich sonst kaum erreiche.“ (Das ganze Feedback kannst du lesen, wenn du unten auf den Button für die Kursseite klickst.)

Ich habe mich so unendlich darüber gefreut. Weil es zeigt, dass mein Konzept aufgeht. Und weil es bedeutet, dass ich mit dem Intensivkurs viel mehr Menschen gleichzeitig dabei unterstützen kann, sich von ihren Lernerfahrungen aus Entwicklungstrauma in einem sicheren triggerfreien Raum zu BEFREIEN. Und das ist so unendlich wichtig, weil Glaubenssätze und Verhaltensmuster uns davon abhalten, uns zu leben, unser Leben zu leben.

Bald ist es übrigens so weit, der Intensivkurs öffnet vom 21. bis zum 27. April wieder seinen Zugang. Ich habe zwischenzeitlich entschieden, die Anzahl der Teilnehmer:innen auf 10 pro Gruppe zu beschränken, damit ich die Möglichkeit habe, alle Teilnehmer:innen im Blick zu behalten. Kleine Gruppen steigern deinen Wohlfühlfaktor ganz erheblich.

Von Herzen, deine

Monika Richrath

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Trauma in Liebesbeziehungen – Ichbezogenheit

Trauma in Liebesbeziehungen – Ichbezogenheit

Seit Monaten sitze ich in einer emotionalen Achterbahn. Nicht nur seit der Trennung im Mai, vor allen Dingen seit ich hier begonnen habe, mich mit den Zusammenhängen von Hochsensibilität, Entwicklungstrauma, Stress, Trauma und der Geschichte meiner eigenen Bindung zu beschäften. Nie weiß ich, was hinter der nächsten Biegung auf mich wartet.  Das Darüber-Schreiben, ursprünglich begonnen als Verarbeitungsprozess, ist längst zum

Auslöser weiterer Ereignisse

geworden. Quasi ein KATALYSATOR.

So habe ich mich nach meinem vorletzten Blogbeitrag, der sich mit der konkreten Auswirkung von desorganisierter Bindung (z. B. dem gleichzeitigen Vorhandensein von Angst und Liebe) in einer Beziehung auseinandergesetzt hat, durch einen Traum ein weiteres Puzzleteil gefunden.

Ich wusste nie so genau,

was eigentlich war mit mir und meiner Mutter,

außer, dass ich immer diesen Groll auf sie hatte und sie sich benahm, als hätte sie ein schlechtes Gewissen.

Durch den Traum wurde nach oben gespült, dass meine Mutter und ich auch diese desorganisierte Beziehung hatten. Dass ich oft Angst hatte, Dinge zu äußern, dass ich befürchtete, dass das, was ich sage, entweder gar nicht beachtet wird, oder einfach abgetan wird als vollkommen abwegig. (Mit meinem Vater hatte ich das übrigens auch). Mit meinen Geschwistern ist es übrigens ähnlich.

Vielleicht ist es manchmal nur eine leise Angst, aber wichtig ist doch, dass man dadurch in seinem Ausdruck gehemmt wird, nicht frei ist zu sagen, was man sagen möchte. Und leise Dinge können manchmal sehr laut sein, bzw. sehr tief wirken

Heute möchte ich mich gerne mit

Ichbezogenheit und Kontrolle

beschäftigen. Natürlich wie immer im Zusammenhang mit Hochsensibilität, Trauma und Entwicklungstrauma.

Die ganz spezielle Art von Ichbezogenheit, die durch Traumatisierung jedweder Art entsteht (und auch Teil einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist) können viele von uns an ihren Eltern beobachten. Jedenfalls all jene aus meiner Generation, deren Eltern den Krieg noch als Kinder erlebt haben. Dass jemand einfach so stirbt, kommt heute ja kaum noch vor. Die meisten Eltern werden nach und nach zu Pflegefällen und werden häufig von ihren Kindern in irgendeiner Form betreut.

Falls Sie selbst gerade in dieser Lage sind, haben Sie vielleicht schon gemerkt, dass Ihre Eltern dabei total

auf sich selbst und ihre Bedürfnisse bezogen

sind und von Ihnen erwarten, dass Sie ihre Bedürfnisse erfüllen. Ihre Bedürfnisse scheinen dabei nie eine Rolle zu spielen.

Es ist ein sehr logisches Verhalten, dass Kinder, die die Erfahrung gemacht haben, dass sie keine Unterstützung bekommen, aufhören, Unterstützung zu erwarten und versuchen, alles für sich selbst zu regeln. Sie entwickeln dann eine Art von Ichbezogenheit, in der

nur die eigenen Belange wirklich zählen.

Meine Partnerin hat mir das immer vorgeworfen, in dem Sinn, dass ich nicht in der Lage bin, von meinen eigenen Zuständen abzusehen. Sie hatte sicherlich recht damit.

Ich denke, dass sie mir diesen Vorwurf häufig gemacht hat, weil sie sich mich eigentlich tröstlich und/oder mütterlich wünschte. Ich bin zwar sehr fürsorglich, aber mütterlich bin ich eben nicht. Das kenne ich gar nicht, es fehlt mir als Erfahrung vollkommen. Darum kann ich es auch nicht weitergeben, bzw. mich mütterlich verhalten.

Und auf ihre Art war X natürlich auch sehr ichbezogen. Nur anders. Als wir uns kennen lernten, war sie schon sehr lange Single, hatte es sich eingerichtet in einem Leben mit Tieren und wenig sozialen Kontakten – einen

sehr überaschaubaren Rahmen geschaffen,

der ihr Sicherheit bot. Und da platzte ich nun hinein mit meiner Neugier und vielfältigen Interessen und meinem Lebenshunger!

Es war relativ schnell klar, dass sie ihr Leben nicht ändern würde, bloß, weil ich da war. Zwar haben wir nie darüber gesprochen, aber es hing für mich immer unausgesprochen über uns – vermutlich, weil ich freiwillig mein ganzes Leben änderte, weil sie da war.

In gewisser Weise haben wir ja ganz WUNDERbar zueinander gepasst. Zumindest in dem Sinne, dass wir

jeweils als Entwicklungsbooster für die andere

fungierten. Es war uns beiden klar, dass wir durch die andere auf Schmerzpunkte in unserem Leben gestoßen wurden.

Ich habe mich schon nach relativ kurzer Zeit gefragt, ob ich das schaffen kann, mich in ihren engen Rahmen zu pressen? Ich erinnere mich, dass ich dies eine Zeitlang sehr klar sehen konnte, aber nicht in der Lage war, diesen Gedanken wirklich Raum zu geben. Denn dann hätte ich die Beziehung eigentlich sofort beenden müssen. Das war mir sicher irgendwo bewusst.

Gleichzeitig lief ja immer noch dieses unglaubliche

Verlustangstprogramm

in mir ab. Das viel älter und mächtiger war. Also habe ich einfach weitergemacht und geguckt, wie ich einen Platz in ihrem Leben finden kann. Ich habe das getan, was ich immer tue,

wenn Verlustängste übermächtig werden:

ich habe meine eigenen Bedürfnisse vollkommen ignoriert und mich an den Bedürfnissen von X orientiert. Die lauteten: mich so viel sehen wie möglich. Manchmal aber auch, wenn ich da bin: mich am besten sofort auflösen und verschwinden. Oder: nicht reden. Und: sie in ihrem Leben unterstützen. Sachen für sie erledigen.

Das hat mich häufig total befremdet, ich habe mich ausgenutzt gefühlt. Ich denke aber, es ist sicher auch eine Trauma-Folge. Weil sie sich eigentlich trotz des eng gesteckten Rahmens häufig von den Erfordernissen des Alltags überfordert fühlte. Das war eine ihrer Erwartungen an mich: dass ich sie unterstützen soll, besser mit ihrer Überforderung fertigzuwerden.

Ich habe erst eben beim Schreiben gemerkt, dass sich das für mich gefühlsmäßig ähnlich anfühlt, wie mit meiner Mutter.

Wie gesagt, mich hat das sehr befremdet, denn ich bin

mit meiner Art von Ichbezogenheit anders

herum gepolt: ich stehe auf dem Standpunkt, ich regele meine Sachen, du regelst deine. Ich habe deswegen einen ganz schön großen Groll aufgebaut. Irgendwann habe ich auch mal ausgesprochen, dass ich mich manchmal ausgenutzt fühle, aber das war fast, wie ins Leere zu reden. Ich hatte das Gefühl, das kommt gar nicht an.

Letzten Endes denke ich, dass es

zwei unterschiedliche Verhaltensweisen der gleichen Ichbezogenheit

sind.

Solange ich also versuchte, zusammen mit X X Leben zu leben, ging alles halbwegs gut für sie. Alles unter Kontrolle sozusagen.

Als ich aber zum ersten Mal

eine Forderung stellte,

war das eine echte Bedrohung. Ich hatte gefordert, dass ich nicht mehr die einzige sein konnte, die jede Woche die Reise auf sich nimmt, dass wir uns also mit dem Reisen abwechseln sollten.

Das brachte natürlich alles ins Wanken.

Nicht nur den Urlaub, den wir ein paar  Tage später antreten wollten, sondern auch die Beziehung an sich und auch das ganze Lebenskonstrukt von X. Mir war zu diesem Zeitpunkt nicht klar, dass dass für X den totalen Kontrollverlust bedeutete. Den sicheren Rahmen zu verlassen.

Erst sehr viel später stellte sich heraus, dass mit dem Kontrollverlust tiefe Ängste verbunden waren. Davon wusste ich erst aber einmal nichts. Für mich war ihre Reaktion auf meine Fordererung, nicht mehr mit mir in Urlaub fahren zu wollen, total befremdlich. Umso mehr, als dieser Urlaub ihr Bedürfnis gewesen war, und weniger meines. Sollte ich jetzt alleine fahren, wenn sie nicht mitkommt? (Sehr beängstigend, weil die Reise in ein sehr weit entferntes Land ging und ich mich überhaupt nicht mit den Gepflogenheiten eines Pauschalurlaubs auskannte) Oder sollte ich das Geld einfach abschreiben?

Eine Sache war aber doch gut daran: dass ich nämlich gemerkt habe, dass meine Verlustangst ihren Höhepunkt überschritten hat. Ich war einfach erschöpft, ich konnte nicht mehr.

Ich war bereit aufzugeben.

Wenn diese Liebe zu leben, bedeutete, mein eigenes Leben vollkommen aufzugeben, dann war der Preis einfach zu hoch …

Natürlich sind wir dann doch in Urlaub gefahren. In Wahrheit konnten wir es nicht einmal ertragen, auch nur einmal zwei Tage lang nicht miteiander zu sprechen. Es war sehr schön, aber natürlich nicht ungetrübt.

Während unserer täglichen Spaziergänge am Strand haben wir sehr viel miteinander gesprochen und uns wieder einander angenähert. Darum bin ich nicht, wie ich ursprünglich vorgehabt hatte, vom Flughafen aus direkt nach Hause gefahren, sondern noch einmal mit zu ihr gekommen, um erst am nächsten Tag zu mir zu fahren.

Am nächsten Morgen bekam ich sehr früh dann gleich wieder einen Rüffel, weil ich meine Teetasse an einem „falschen“ Ort abgestellt hatte. Da hat sich richtige Verzweifelung in mir breitgemacht. So eine Ahnung, dass sie dieses Verhalten nie aufgeben wird. Vielleicht auch

nie bereit sein wird,

mir wirklich einen Platz einzuräumen.

Ich bin nach Hause gefahren und habe gedacht: „Ich ertrage das nicht länger, ich mache Schluss.“

Diese Hänger am Ende machen mir irgendwie jetzt Spaß. Weil ich so auch eine Verpflichtung habe, dabei zu bleiben …

In der Zwischenzeit habe ich immer wieder mit mir gehadert, ob es richtig ist, so über meine Beziehung zu schreiben. Wenn ich wüsste, dass X meinen Blog liest, wäre es sicherlich anders. Aber sie hat sich eben nicht wirklich mehr mit meiner Arbeit beschäftigt, nachdem sie sich ein Urteil darüber gebildet hat. Ich kann also davon ausgehen, dass sie meinen Blog jetzt erst recht nicht lesen wird. Ihre Identität wird hier nicht enthüllt, und wird dadurch keinen Schaden nehmen.

Es ist auch nicht unbedingt schön und oft nicht erfreulich. Aber ich habe eben diesen sehr dringenden inneren Impuls, es zu tun. Und ich gehe davon aus, dass Ihnen das Lesen irgendwie weiterhelfen wird, so wie mir das Schreiben weiterhilft … Mir wurde auch von einer Leserin nahe gelegt, unbedingt weiterzumachen …

Wenn Sie mögen, schreiben Sie doch in die Kommentare, ob Sie diese Ichbezogenheit kennen von sich selbst oder anderen?

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

P.S. Am 20. September startet mein nächster Mini-Workshop „Besser umgehen mit Hochsensibilität“, der täglich um 19 Uhr auf Zoom stattfindet. Die Teilnahme ist kostenlos. In dem Workshop stelle ich Ihnen WINZIGe Impulse vor, die Sie dabei unterstützen, Lernerfahrungen, die Sie aufgrund eines Entwicklungstraumas gemacht haben durch KLOPFEN zu verändern.

Image by OpenClipart-Vectors from Pixabay

 

Trauma in Liebesbeziehungen Teil 2 Alltag

Trauma in Liebesbeziehungen Teil 2 Alltag

Es ist gar nicht so leicht, jemanden kennenzulernen, vor allem nicht, wenn Hochsensibilität mit im Spiel ist. Erschwerend kommt hinzu, dass ich mich eher auf „Nebengleisen“ bewege. Ich selbst gehe zwar supergerne aus, aber der Großteil etwas älterer Frauen eher nicht. Man trifft sich einfach nicht mehr so selbstverständlich, wie das früher vielleicht der Fall war. (Ich habe meine SUCHE vor Corona begonnen übrigens.)

Von daher war es für mich ganz logisch und selbstverständlich, dass ich mich im Internet auf die Suche gemacht habe. Das hat wirklich seine Tücken und war ein Mega Stress: Alle, absolut alle Menschen, die ich bis dahin online näher kennengelernt habe,

hattenentwicklungstrauma kann entstehen wenn der vater psyschisch krank ist. eine psychische Erkrankung.

Das hat mich unglaublich frustriert. Natürlich wusste ich von mir selbst, dass es da noch einige Leichen im Keller gibt, die ich noch nicht angeschaut habe, aber ich kann über mein Leben REFLEKTIEREN, ich habe Ängste usw. weitestgehend hinter mir gelassen, ebenso wie Depressionen, ich komme mit mir und anderen Menschen wunderbar zurecht (sonst könnte ich meine Arbeit ja gar nicht machen). Trotz Trauma-Hintergrund. Grundsätzlich bin ich freundlich, friedlich und sehr sortiert. Erst, wenn jemand meine Knöpfe drückt, gerate ich aus dem Ruder. Was im normalen Alltag praktisch nicht vorkommt – äh, vorgekommen ist.

Wieso geriet ich bloß immer an Menschen mit irgendwelchen psychischen Störungen? Das war sowas von ABSCHRECKENd. Am Ende habe ich das sogar in mein Profil auf der Plattform geschrieben (was mir öfter mal wüste Beschimpfungen einbrachte).

Erst letzte Woche wurde das aufgelöst, durch einen Satz, den meine Coach einfach mal so fallen lies. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass dieses Anziehungsmuster dadurch entstanden sein könnte,

weil mein Vater psychisch krank war.

Und ja, er war wirklich sehr, sehr krank. (Ich denke immer noch, er war eigentlich nicht richtig lebensfähig.)

Wie ich schon im ersten Teil von Trauma in Liebesbeziehungen geschrieben habe, ging es mir sehr gut, als ich X kennenlernte. Ich war eigentlich ein glücklicher Single und dachte, ich könnte mich

ruhigen Gewissens auf eine Beziehung einlassen,

in der uns beiden der jeweilige Trauma-Hintergrund der anderen bewusst ist. Das war ein totaler Trugschluss.

Letzten Endes waren mir meine eigenen Knackpunkte nicht wirklich bewusst. Sicher, es hatte Erlebnisse mit anderen Menschen gegeben, die

mich regelrecht für eine Woche verstörten,

aber ich hatte nicht verstanden, dass dies für mich 1 a Trigger waren und dass es sich bei der nachfolgenden Verstörung um eine Retraumatisierung handelte. (Davon gehe ich jedenfalls aus.) Von daher fühlte ich mich, als ich mich auf X einließ, zwar  gewappnet, war aber doch vollkommen schutzlos. Denn auf das, was ich dann erlebte, war ich in keinster Weise gefasst.

Unser erstes gemeinsames Weihnachten. Wir haben uns so gefreut, endlich einmal 10 Tage am Stück miteinander verbringen, endlich mal genug Zeit haben für alles …

Und dann kam alles ganz anders

Trauma bedeutet häufig nichts zu fühlenNach 4 oder 5 Tagen fuhr ich vollkommen verstört wieder nach Hause.

Weder erkannte ich X, noch mich selbst wieder. Das war nicht mehr die Frau, in die ich mich verliebt hatte. Die war irgendwie verschwunden. An ihre Stelle war eine herrische, rechthaberische, sehr gemeine Person getreten, die mich

dauernd runtermachte,

weil ich die Dinge nicht so handhabte wie sie. Was hat mich das gekränkt, dass sie sagte, ich könne ihre Patientin sein. (Natürlich hätte sie genauso gut meine Klientin sein können …) Erst machte sie mich klein,  anschließend behauptete sie, ich wäre ihr kein adäquates Gegenüber.

Ich selbst war auch irgendwie verschwunden. Entweder löste ich mich in Tränen auf, weil ich so überrumpelt war von ihrem Verhalten, oder ich zog mich ganz aus mir zurück, um nicht so klein dazustehen und mich nicht klein zu fühlen. Um gar nichts mehr zu fühlen tatsächlich. (Was sie dann wiederum triggerte).Für mich ist es jedenfalls ein hochgradiger Trigger, wenn jemand barsch mit mir spricht und gemein und herablassend wird. Vor allen Dingen, wenn ich mich gerade sicher fühle und es nicht kommen sehe.

bei trauma in beziehungen kommt es zu retraumatisierungJede Attacke war wie eine Art Überfall.

Ziemlich schnell ist bei mir so eine ganz tiefsitzende Unsicherheit aufgeploppt. Wenn ich jetzt das und das nicht mache, wird sie dann wieder über mich herfallen? Natürlich fühlte ich mich total bedroht in meiner ganzen Existenz. Weil ich offenbar nicht gut genug war. Und schuld an allem …

Und dieses Schuldgefühl war offenbar auch etwas sehr Altes. Meine Mutter hat uns immer vermittelt, dass sie ein ganz anderes Leben hätte haben können, wenn sie nicht Mutter geworden wäre, daraus ist bei mir offenbar so

eine Grundschuld

geworden, einfach nur, weil ich da bin, die hier auf einen fruchtbaren Boden fiel. Ich fühlte mich total schuldig, weil ich offenbar nicht eine adäquate Partnerin sein konnte. Und dann war da auch noch diese Verwirrung, die mich bisweilen in ihrer Gegenwart befiel, die vor allen Dingen dann kam, wenn sie mit mir mein Verhalten diskutieren wollte. Ich konnte mich dann weder erinnern, was ich gesagt hatte, noch was ich überhaupt gedacht hatte oder warum ich etwas hatte tun wollen oder nicht. Ziemlich schlimm eigentlich alles. Leider muss ich sagen, dass dies

ein sehr gutes Beispiel für eine desorganisierte Bindung,

ist, man liebt jemanden, vor dem man aber eigentlich auch Angst hat. Au weia!

Ich hatte schon vor einiger Zeit eine Ergotherapie begonnen. Dann machte ich mich daran, mir zusätzlich eine Traumatherapie zu suchen.Denn mir war klar, dass ich sonst nicht in dieser Beziehung klarkommen würde. Und das wollte ich doch. Ich wollte nicht bei der ersten besten Schwierigkeit aufgeben. Irgendwie hatte ich mich in die Vorstellung verrannt, ich würde jetzt noch mal einen letzten Versuch machen und alles geben und wenn das nicht funktionieren sollte, würde ich es auch nie wieder probieren.

Eine Sache gab es, die zwischen uns wirklich gut war und das war, das wir von Anfang an auf meine Initiative das Zwiegespräch einführten. Das sorgte immer wieder für gegenseitiges Aufeinander-zu-gehen, Verständnis, Mitgefühl usw.

Ich hatte mich ja schon mit verschiedenen Ansätzen von Traumaarbeit beschäftigt. Für mich war klar, dass ich es jetzt u. a. gerne mit Somatic Experiencing probieren möchte. Ich fand praktisch sofort eine Therapeutin.

Mit diesem FUNKEn änderte sich alles für mich. Es war, als hätte mein ganzes System nur darauf gewartet, dass ich endlich BEGINNEN kann, mich mit meinen Leichen im Keller zu beschäftigen.

Zu allererst habe ich begonnen zu fühlen.entwicklungstrauma folgen keine gefühle zeigen

Mehr zu fühlen als vorher. Vorher fand ich das Fühlen eher bedrohlich. Oder sagen wir mal, ich hatte meinen Fokus darauf gerichtet, meine Wahrnehmung zu ignorieren. Ich habe mein Überleben offenbar hauptsächlich dadurch gesichert, dass ich alles tat, was ich konnte, um anderen Menschen zu gefallen, bzw. sie nicht gegen mich aufzubringen. (Deswegen waren die Konfrontationen mit meiner Partnerin so existentiell bedrohlich für mich).

Durch die Therapien habe ich gelernt, dass es gut ist, in mich hineinzufühlen und mir Gefühle zu erlauben und anzusehen.

Zu fühlen, was etwas mit mir macht.

Und dass ich mich weigern darf, bestimmte Dinge zu tun, wenn ich mich damit nicht wohl fühle.

Natürlich haben X und ich auch über Weihnachten gesprochen.  Sie sagte mir was von inneren Anteilen, die nicht alle mit mir einverstanden seien. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Ich habe selbst eine kleine innere Familie (die zum damaligen Zeitpunkt aus 4 Personen bestand). Mit Klient*innen arbeite ich ganz häufig mit inneren Anteilen. Das Konzept der inneren Anteile ist mir also sehr vertraut.

Meine Lernerfahrung von Weihnachten war:

ich möchte nicht länger als 4 Tage in ihrer Wohnung sein. Das lag nicht nur am gefährlichen Terrain an sich, sondern daran, dass dort nicht mein Raum war. Und ich habe erst im Laufe der Beziehung verstanden, wie sehr ich diesen eigenen Raum in der Beziehung brauche. Und zwar nicht nur in der Beziehung, sondern ganz allgemein. Darüber habe ich hier schon einmal geschrieben. Ich fühlte mich also in ihrer Wohnung vollkommen entwurzelt. Zwar hatte ich schon bei der 2. Begegnung forsch eine Ablage für meine Sachen gefordert und bekommen, aber so lange ich bei ihr war, schwamm ich irgendwie. Ich durfte meine Sachen nur an bestimmten Orten abstellen usw.

Dort gab es EINFACH keine Sicherheit.

Wenn zwei Menschen zusammenkommen, haben sie meistens ja ganz eigene Gewohn- und Gepflogenheiten, wie sie ihr Leben meistern. Ich war total entsetzt, als mir klar wurde, dass X gekochtes Essen über Nacht auf dem Herd stehen lässt. Und erwartete, dass ich davon am nächsten Tag esse. Nun habe ich mir einmal eine ziemlich schwere Lebensmittelvergiftung zugezogen, weil ich Essen gegessen habe, das ich versehentlich nicht in den Kühlschrank gestellt hatte und mein damaliger Freund ganz unbekümmert meinte, natürlich könne ich das  noch essen … (Champignons habe ich danach jahrelang nicht essen können)… Als ich versucht habe, dagegen aufzubegehren, wurde sie sofort wieder ganz barsch und ich fiel in mich zusammen.

Nun, trotz allem haben wir uns zusammengerauft. Hauptsächlich, weil ich mich auf alles einließ, versuchte,

mich in ihr Leben zu pressen und anzupassen.

Vermutlich wären wir niemals sehr weit gekommen, wenn es die Fernbeziehung nicht gegeben hätte. Der sich durch die Fernbeziehung immer wieder ergebende Abstand hat dafür gesorgt, dass irgendwann immer wieder die Sehnsucht überhand nahm. Wir waren ja beide sehr verliebt. Trotz ihres manchmal sehr merkwürdigen Verhaltens habe ich daran nicht gezweifelt. Und wir hatten, wenn es uns gut ging, unglaublich viel Spaß und Freude miteinander.  Ich habe versucht,

das kleine Stimmchen in mir,

das sich ängstlich und unwohl und unsicher fühlte, nicht zu beachten. Im Allgemeinen ging das ganz gut. Schwierig wurde es vor allen Dingen dann, wenn wir beide nicht gut drauf waren. Und natürlich tat die Entfernung ihr Übriges. Die Zahl der täglichen Telefonate reduzierte sich nach und nach und auch das Gedichte-vorlesen gaben wir auf.

Schließlich schlug sie einen ersten Urlaub vor. Für mich übrigens etwas ganz Fremdes und Ungewohntes. Eigentlich mache ich gar keinen Urlaub. Die Idee dahinter war, dass wir doch mal Zeit am Stück miteinander verbringen sollten, nicht nur so kleine Häppchen. Am besten an einem Ort, wo wir beide gleiche Bedingungen hatten. Sie wollte unbedingt Entlastung von ihrem Alltag. Ich erklärte mich schließlich einverstanden, der Urlaub wurde gebucht.

Ich ging weiter in meine Therapien. Ich genoß es sehr, jetzt nicht mehr so abgeschnitten von meinen Gefühlen zu sein. Und weil ich besser mit mir selbst in Verbindung war, habe ich gemerkt, dass ich eigentlich

vollkommen erschöpft bin

von der Hin- und Her-Fahrerei. Die bis dahin ausschließlich von mir bewältigt wurde. Ein paar Tage vor dem Urlaub habe ich ihr dann gesagt, dass ich das nicht mehr kann und sie auch öfter mal zu mir kommen muss, bzw. wir uns abwechseln.

Daraufhin wollte sie nicht mehr mit mir in Urlaub fahren.

Tja, jetzt endet auch dieser Artikel mit einem Hänger … Ich denke, dieses Thema wird mich  noch eine ganze Weile beschäftigen.

Wie immer freue ich mich, wenn Sie diesen Artikel liken, kommentieren und weiterverteilen.

Von Herzen,

Ihre

Monika Richrath

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Foto von Vijay Sadasivuni

Foto von Liza Summer 

 

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