Die Wahrheit über Hochsensibilität?

Die Wahrheit über Hochsensibilität?

Eigentlich hatte ich es mir schon in der Überzeugung gemütlich gemacht, dass Hochsensibilität offenbar doch etwas mit Trauma zu tun hat. Früher bin ich nicht dieser Ansicht gewesen, aber je mehr ich mich mit dem Thema Trauma beschäftigt habe, umso deutlicher schien sich dort ein Zusammenhang abzuzeichnen. Bei praktisch allen Menschen, die ich kennen gelernt habe und kennen lerne, stellt sich früher oder später heraus, dass ein traumatischer Hintergrund besteht, so dass ich diesen Zusammenhang (zähneknirschend) akzeptiert habe.

Nun habe ich aber im Laufe des Online-Kongresses von Lisa Laufer Vom Jobfrust zur Jobmagie erfahren, dass dies gar nicht so ist.

 

Ich habe beim Kongress in dem Gespräch mit Kathrin Sohst erfahren, dass es interessante Studien zu dem Thema gibt, die auf eine ganz andere Ursache von Hochsensibilität hinweisen. Denn offenbar wird mittlerweile in und zu diesem Thema geforscht! Und habe gleich einen ganz neuen Begriff gelernt (der mir sehr viel besser gefällt als Hochsensibilität):

Neurosensitivität

Der Wissenschaftler Michael Pluess der Queen Mary University of London bezeichnet damit die „Fähigkeit, Umgebungsreize zu registrieren und zu verarbeiten.“ Ganz einfach. Ganz neutral. Ohne irgendeine Form von schlechtem Beigeschmack.

Zwei Studien aus dem Jahr 2018 geben Aufschluss darüber, dass der Anteil hochsensibler Menschen in der Bevölkerung mitnichten 15–20 % beträgt, wie bislang angenommen. Die Studien von LIONETTI ET AL., 2018PLUESS ET AL., 2018) zeigen vielmehr auf, dass Sensitivität zwar angeboren ist, aber nicht in jedem Menschen gleich vorhanden ist. Pluess kam in seiner Studie  mit 906 Psychologie-Studenten zu dem Schluss dass Sensitivität in Menschen etwa folgendermaßen verteilt ist: 

  • 29 % wenig sensitiv
  • 40 % mittelsensitiv
  • 31 % hochsensitiv.

Das bedeutet: wir sind eigentlich nichts Besonderes. Wir sind keine besseren Menschen oder so. Wir können einfach mehr wahrnehmen. Punkt.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie dies lesen. Ich war, als ich es hörte und dann nachrecherchiert habe, einfach nur erleichtert. Habe mich dann daran erinnert, dass ich schon immer das Gefühl hatte, dass die Zahl 15–20 % an angeblichen Hochsensiblen einfach viel zu niedrig gegriffen war und dass ich früher, sehr viel früher, eigentlich auch davon ausgegangen bin, dass Sensitivität einfach nur Persönlichkeitsmerkmal ist, aber damals war die Forschung einfach noch nicht so weit und ich hatte zwischenzeitlich mein Interesse auf andere Dinge gelenkt.

Das ist aber noch nicht alles.

Man weiß ja heute, dass sich das Gehirn entsprechend den Erfahrungen in der frühen Kindheit „formt“ und darüber bestimmt, wie wir auf Reize reagieren. Konkret bedeutet dies, wenn sich in unserer Kindheit gute und schlechte Dinge die Waage halten, werden wir eine generelle Sensitivität entwickeln. Erleben wir jedoch in unserer Kindheit sehr viel Stress und erfahren wenig Unterstützung, entwickeln wir vielleicht eine 

Vulnerabilität

also eine Empfindlichkeit gegenüber Bedrohungen, Stress, Ängsten usw.

Dies muss aber nicht zwangsläufig so sein. Erfahren wir in der Kindheit vorwiegend Unterstützung, so können wir eine

Vantage-Sensibilität

entwickeln (Vantage: Vorteil). Die Wissenschaftler Tom Boyce und Bruce Ellis hatten bereits vor längerer Zeit die Begriffe „Löwenzahn- und Orchideenkinder“ geprägt. Die Löwenzahnkinder werden als robust betrachtet, belastbar, anpassungsfähig. Die Orchideenkinder sind hingegen sehr viel empfindlicher. Allerdings können sie sich in einem unterstützenden Umfeld so gut entwickeln, dass sie gesünder und belastbarer sind als Löwenzahnkinder. Denn eines ist dabei ganz wichtig:

die Fähigkeit, Positives wahrzunehmen.

Denn diese helfen ja dabei, mit dem Negativen fertig zu werden.

So kommt es also nicht nur auf die Wahrnehmung an sich an, sondern auch, ob wir Gutes und Schlechtes wahrnehmen und verarbeiten können.

Prof. Dr. Michael Pluess hat bereits in einer früheren Studie 2015 vier verschiedene Sensitivitätstypen unterschieden. Zu den drei o. g. kommt noch der Typ mit einer niedrigen Sensitivität hinzu.

Wie verarbeiten die unterschiedlichen Typen Reize?

Jemand mit niedriger Sensitivität wird sowohl positiven als auch negativen Reizen gegenüber nur eine geringe Sensitivität aufweisen.

Menschen mit einer generellen Sensitivität zeigen gegenüber positiven und negativen Reizen eine hohe Sensitivität.

Jemand mit einer vulnerablen Sensitivität zeigt eine erhöhte Wahrnehmung für negative Reize und geringe Wahrnehmung von positiven Reizen.

Und schließlich wird jemand mit einer Vantage-Sensibilität eine erhöhte Wahrnehmung für positive Reize zeigen und eine geringere Wahrnehmung von negativen Reizen.

Natürlich sind solche Typisierungen immer mit Vorsicht zu betrachten. Was mir bei Prof. Pluess ganz und gar fehlt, sind die Menschen, die aufgrund eines superschlechten Umfeldes nicht die Gelegenheit hatten, ein empathisches Gehirn zu entwickeln und in der Folge keine Sensitivität entwickeln können.

Ich selbst finde mich in dieser Aufstellung gar nicht wieder, denn ich stehe sowohl mit einem Bein in  Vulnerabilität als auch in  Vantage, habe also allem gegenüber eine hohe Wahrnehmung. Dort habe ich mich hingearbeitet durch beständiges Klopfen. Und es gibt sogar eine Studie, die zeigt, dass Menschen mit einer vulnerablen Sensitivität diese auch verändern können. Zwar geht es in der Studie um ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining, aber es gibt sicherlich sehr viel mehr Wege aus der Vulnerabilität heraus als diesen einen. Ich selbst bin dafür ja das beste Beispiel. Mir hat die Klopfakupressur sehr geholfen.

Ich weiß noch nicht, was ich selbst mit den Informationen anfange, die ich erhalten habe. Vielleicht werde ich in Zukunft nur noch von hochsensitiven Menschen sprechen …

Wie geht es Ihnen jetzt nach dem Lesen des Artikels? Können Sie sich dort wiederfinden? Haben Sie sich vielleicht sogar schon in eine andere „Gruppe“ gearbeitet? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare.

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

Bild von Karina Förster auf Pixabay 

Mittwoch um eins

Mittwoch um eins

Je mehr ich mich mit dem Thema Körper und Hochsensibilität beschäftige, umso wichtiger scheint es mir zu sein, mit meinem (häufig vernachlässigten) Körper in Kontakt zu treten und ihm in vielfältiger Form Gutes zu tun. Bislang habe ich das nicht aktiv bearbeitet, weil mir anderes immer wichtiger schien. Allerdings gibt es in meinem EFT-Seminaren und Workshops nicht nur eine Anleitung für die Klopfakupressur, sondern auch immer einen Reframing Part, der sich mit der Umsetzung einer positiven Neubewertung und -ausrichtung befasst. Dies habe ich in der letzten Zeit nicht nur für HSP getan, sondern auch für andere Menschen in akuten Stress-Situationen, wie Pflegekräfte z. B.

Offensichtlich hat mein Körper einfach die für andere bestimmten Neuorientierungen aufgegriffen und umgesetzt. Für mich fühlt es sich jedenfalls so an, als hätte mein Körper die Regie übernommen – und so kommt es, dass ich seit Anfang des Jahres zweimal in der Woche ins Schwimmbad gehe (wohin ich es im vergangenen Jahr nicht ein einziges Mal geschafft habe!). Für mich ist das wie Magie – aber es zeigt auch wieder mal sehr schön die wunderbaren Nebeneffekte, die die Klopfakupressur haben kann.

Mittwoch um eins ist ein Termin, der sich bei mir schon fest eingebürgert hat und den ich nur ausfallen lasse, wenn eine Krankheit im Anflug ist. Schon den ganzen Morgen über bin ich freudig beflügelt beim Gedanken an das Schwimmbad. Um eins steige ich dann ins Becken zu den anderen. Das Durchschnittsalter der TeilnehmerInnen dürfte zwischen 60 und 70 liegen. Mit meinen 51 Jahren gehöre ich eher zu den Youngstern. Einige hüpfen sich schon einmal warm und auch ich plantsche erwartungsvoll im Wasser herum. Jeglicher Stress fällt von mir ab. Jetzt gehts gleich los!

Da kommt der Trainer mit dem Equipment, es ist immer das gleiche: erst die Hanteln, dann die Nudeln, dann Scheiben. Auch die Choreographie der Übungen ist immer die gleiche, nur die Musik nicht. Heute hatten wir Prince und Frieda Gold. In der Woche vor Karneval die Höhner, da wurde ein wenig mitgesungen (soweit das während der Wassergymnastik möglich war). Jetzt geht es los: Es wird gerempelt und gekichert und mit dem Trainer geflirtet …

Mit mir geht jedenfalls im Wasser eine sonderbare Metamorphose vor sich: ich werde nicht nur leichter, ich verjünge mich auch, ich werde fünf oder 12 oder 18, wenn die Musik losgeht. Das fühlt sich ein bißchen wie Disco an (Nur dass ich beim Bewegen schon mal den Boden unter den Füßen verliere oder abgetrieben werde ins tiefere Wasser). Plötzlich bin ich nur noch Bewegung, Musik und Rhythmus. Alles ist perfekt. Ich höre meinen Körper förmlich vor Wonne seufzen. Heute schien die Sonne ins Becken und zauberte silbrige Reflexe aufs Wasser, zauberhaft. Ich wollte das Becken gar nicht mehr verlassen.

Ich verstehe selbst nicht mehr, wieso ich mir das jahrelang selbst vorenthalten habe? Egal, es ist nie zu spät dafür, neue Akte und Zeichen der Selbstliebe zu finden, schon gar nicht, wenn man hochsensibel ist 😉

Wie halten Sie es denn mit dem Sport? Ich freue mich, wie immer, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit
Ihre Monika Richrath

Bild von StockSnap auf Pixabay 

Warum Klopfen hochsensiblen Menschen besonders gut tut

Warum Klopfen hochsensiblen Menschen besonders gut tut

Ich war schon immer der Überzeugung, dass dass die Klopfakupressur (früher EFT – Emotional Freedom Techniques) eine Technik ist, die hochsensiblen Menschen ganz besonders viel zu geben hat.

Dies weiß ich nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern auch aus der Arbeit mit KlientInnen. Nun sind dies ja subjektive Erfahrungen, aus denen sich noch keine Allgemeingültigkeit herleiten lässt.

Gut, wir wissen, dass das Klopfen mit der Klopfakupressur den Neurotransmitter Serotonin freisetzt und dass Serotonin an vierzehn verschiedenen Stellen im Körper benötigt wird. Es spielt eine wichtige Rolle im Herzkreislauf-, Magen-Darm- und Zentralnervensystem. Depressive Verstimmungen und Angst können z. B. auf einem Serotonin-Mangel beruhen. (mehr …)

Wir sind. So oder so.

Wir sind. So oder so.

Sich als hochsensibler Mensch vom Karneval fern zu halten ist als Nicht-geborene-Rheinländerin relativ einfach. Sofern man sich nicht selbst in das närrische Treiben hinein fallen lässt, braucht es nur einen winzigen, distanzierenden Schritt zur Seite um das Kafkaeske des karnevalistischen Treibens zu sehen. Wenn ich nicht in Stimmung bin, bleibe ich fern. Punkt. Anders verhält es sich jedoch mit Großveranstaltungen, die für mich einen ideellen Wert besitzen, zum Beispiel der CSD.

(mehr …)

de_DEDeutsch