Hochsensibilität und Einsamkeit

Hochsensibilität und Einsamkeit

Fast alle Menschen, die mit Hochsensibilität zu tun haben, kennen

das Gefühl einer grundsätzlichen, allumfassenden Einsamkeit.

Vielleicht hast du – so wie ich früher auch – gedacht, dass dieses Gefühl daher rührt, dass du, im Gegensatz zu den meisten Menschen in deiner Umgebung viel mehr wahrnehmen kannst als andere. Wenn du hochsensitiv bist, ist das einfach so. Und natürlich fühlt man sich auch komisch und anders, weil die meisten anderen weniger intensiv wahrnehmenden Menschen kaum eine Vorstellung davon haben, was und wie man alles wahrnehmen kann.

Als ich letztes Jahr begonnen habe, mich

mit Trauma, vor allem mit Entwicklungstrauma zu beschäftigen

(ausgelöst durch meinen Artikel Trauma in Liebesbeziehungen), bin ich noch auf weitere wichtige Ursachen gestoßen.

Auf diesem Blog schreibe ich ja für hochsensible Menschen, die belastende Kindheitserfahrungen gemacht, bzw. ein Entwicklungstrauma erlebt haben.

Wenn du dich dazu zählst, hast du vermutlich selbst schon

die Erfahrung einer tief verankerten Isolation gemacht.

Vielleicht hast du sogar das Gefühl, ein Alien auf dieser Welt zu sein? Möglicherweise hast du auch festgestellt, dass Bindung jeder Art problematisch für dich ist?

Dies kann sich auf vielfältige Weise auswirken:

Vielleicht fällt es dir grundsätzlich schwer, Bindungen einzugehen (z. B. indem du dich grundsätzlich in Menschen verliebst, die entweder gar nicht verfügbar sind oder anderweitig gebunden und dir nur ein sehr begrenztes Maß an Aufmerksamkeit und Verbindlichkeit zukommen lassen können und wollen)?

Vielleicht empfindest du Nähe und Intimität grundsätzlich bedrohlich

und ziehst dich sofort zurück, wenn du jemandem zu nahe kommst ? Oder es kann sehr gut geschehen, dass du immer wieder an Menschen gerätst, die sich ganz schnell wieder zurückziehen. (Dies ist ein zweiseitiger Prozess).

Oder vielleicht fällt es dir leicht in Beziehung zu gehen, wirfst aber bei der ersten Schwierigkeit das Handtuch.

Oder du begnügst dich mit sporadischen sexuellen Kontakten.

Es kann natürlich auch sein, dass das Eingehen von Beziehung überhaupt so angstbehaftet ist, dass du lieber alleine bleibst …

Wenn du mit solchen und ähnlichen Beziehungsschwierigkeiten zu tun hast, ist es wichtig, zu wissen, dass diese Schwierigkeiten aus dem

vermeidenden Bindungsverhalten unserer Eltern oder Bezugspersonen entstanden

sind.

Dies bedeutet: unsere Eltern waren (vielleicht!) da, haben uns aber nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt oder diese vielleicht an bestimmte Bedingungen oder Aufgaben geknüpft.

Wir wurden uns

häufig selbst überlassen,

man hat sich nicht um uns gekümmert, nicht mit uns gespielt, sich nicht mit uns beschäftigt. Ich selbst hatte z. B. sehr, sehr lange Zeit gar keine Ahnung, ob meine Mutter mich eigentlich liebt? Ich habe mich das oft gefragt, aber natürlich stand es überhaupt nicht zur Debatte, sie danach zu fragen. Vielfach waren unsere Eltern froh, wenn sie sich gar nicht mit uns beschäftigen mussten und keine besondere Aufmerksamkeit brauchten. Noch besser, wenn wir schon früh Verantwortung übernommen haben, man sich auf uns verlassen konnte …

Entweder haben wir zuviel oder zu wenig Körperkontakt und Berührung erfahren (zu wenig Berührung und Kontakt wirkt sich auf die Entwicklung bestimmter Teile des Gehirns aus).  Auch die Tatsache, dass wir Schwierigkeiten haben uns zu beruhigen und

sehr anfällig sehr Stress sind,

rührt u. a. daher, dass wir von unseren Eltern und Bezugspersonen nicht genug getröstet und beachtet wurden, so dass wir einfach nicht lernen konnten, wie Selbstregulation geht.

Manchmal kommt dazu noch eine Ablehnung durch die Eltern. Das muss nicht einmal böswillig sein, es gibt viele Gründe, selbst so etwas wie simple Übrforderung der Mutter (wie es bei mir der Fall war) kann dafür sorgen, dass man sich nicht angenommen und willkommen fühlt.

Als Kind nimmt man all diese Dinge wahr. Aber weil das Kind schon früh erkennt, dass die Eltern sich nicht wirklich binden wollen, passt sich das Kind an diesen

vermeidenden Bindungsstil

an. Seine eigenes Überleben hängt davon ab. Ein Kind in einer solchen Lage wird dann eben auch so tun, als ob es keine Bindung bräuchte. Allerdings ist das So-tun-als-ob für das Kind unglaublich anstrengend. Es gibt Untersuchungen darüber, die zeigen, dass Kinder in solchen Situationen ungebunden wirken und nicht darunter zu leiden scheinen, die gemessenen Stressreaktionen aber eine ganz andere deutliche Sprache sprechen. Hierist ein Video, wo das ganz gut erklärt wird.

Im Laufe der Zeit wird dieses Verhalten verinnerlicht. Wir werden dann relativ „autonom“, regeln unsere Angelegenheiten am liebsten selbst und scheinen niemanden zu brauchen. Alleinsein scheint ein natürlicher Zustand zu sein. Vielleicht

richten wir unsere Liebesbedürfnisse auf Tiere,

Pflanzen und/oder Gegenstände. Dass manche Menschen ihr Auto, ihr Handy oder ihren Computer mehr lieben als alles andere kommt offenbar recht häufig vor …

Eine Folge der vermeidenen Bindung ist es, dass wir vielleicht später Schwierigkeiten haben,

eigene Bedürfnisse überhaupt wahrzunehmen,

geschweige denn sie zu äußern und noch weniger für ihre Erfüllung zu sorgen. (Dazu müsste man schon mal wissen, was diese Bedürfnisse sind). Hochsensiblen Menschen fällt das häufig schwer, weil sie es so gründlich verlernt haben, sich überhaupt mit ihren Bedürfnissen und ihrer Erfüllung zu beschäftigen.

Ich denke, dass dies ebenfalls ganz eng gekoppelt ist an Selbstliebe und Selbstachtung. Denn wenn Erwachsene

sich nicht mit unserer Erlebnis- und Gefühlswelt als Kind beschäftigen,

fehlt uns einfach der Zuspruch, wir können weder Vertrauen in uns selbst entwickeln, noch in die anderen oder die Welt an sich.  Wenn es uns nie gelingen kann, die Aufmerksamkeit der Erwachsenen zu fesseln, bleibt auch unsere Vorstellung von Selbstwirksamkeit unterentwickelt. Denn dann müsste es uns ja gelingen, dafür zu sorgen, dass man sich uns zuwendet … Ein Gefühl von Selbstwirksamkeit müssen wir dann erst wieder entwickeln. (KLOPFEN ist übrigens ein sehr wunderbarer Weg um eine Vorstellung von Selbstwirksamkeit zu bekommen.)

Wenn wir grundsätzlich das Gefühl haben,

von anderen Menschen kommt nichts Gutes,

ist das keine gute Voraussetzung zum Aufbau förderlicher und guter Beziehungen. Uns fehlt dann häufig das Grundverständnis der Funktionsweise von Beziehungen. Jede kleinste Misstimmung wird dann zur Katastrophe und kann die ganze Beziehung in Frage stellen. und sehr häufig hat man einfach in Beziehungen keinen Boden unter den Füßen.

Damit verbundden ist natürlich der

alles überstrahlende Aspekt Sicherheit.

Wenn wir uns als Kinder mit und bei unseren Eltern nicht sicher gefühlt haben, nicht wirklich geborgen, fehlt uns das grundsätzliche Vertrauen in andere Menschen. Nicht sicher bedeutet nicht unbedingt so schwerwiegende Dinge wie Gewalt und Misshandlung, sondern beinhaltet auch so etwas wie, dass sich niemand jemals hinter uns gestellt hat, uns recht gegeben, uns verteidigt hat. Statt dessen wurden wir vielleicht verspottet, herabgesetzt, beschämt, nicht ernst genommen, oder überhaupt nicht beachtet.

Ich persönlich empfinde Nichtbeachtung als das Schlimmste überhaupt.

Es berührt sehr existentielle Aspekte, die mit Vernichtung zu tun haben. Denn wenn ich nicht beachtet werde, bin ich nicht. Und wenn ich nicht weiß, ob ich da bin oder nicht, verliere ich den Boden unter den Füßen, den sicheren Stand im Leben. Es gab einmal eine Zeit in meinem Leben, da habe ich das sehr intensiv empfunden.

In einer solchen Umgebung aufzuwachsen bedeutet, dass sich das Verhalten der anderen (und unsere Reaktion drauf) quasi in uns selbst einschreibt. Das macht es auch so schwierig, etwas zu verändern.

Darum suchen wir im späteren Leben Partner, die eine ähnliche Ausstrahlung haben

und/oder ein ähnliches Verhalten an den Tag legen wie unsere ersten Bezugspersonen.

Selbst, wenn wir uns entscheiden, lieber ohne Partner*in zu leben, weil die Erfahrung, dass von anderen Menschen nichts Gutes kommt, uns so tief geprägt hat, entkommen wir der Prägung nicht. Wir können ihr dann in anderen Menschen begegnen, z. B. in Gestalt von Vorgesetzten, Klienten, Kund*innen usw.

Jedes Mal, wenn wir uns einlassen, ist dies

sowohl eine Chance zur Heilung vergangener Verletzungen,

als auch eine Chance zur Retraumatisierung und Verfestigung bereits bestehender Muster … Kommunikation kann dabei enorm helfen. Vor allem, wenn beide Partner*innen beeinträchtigte Bindungsmuster haben.

Konntest du dich hier wiederfinden? Wie immer freue ich mich über deine Kommentare. Ich freue mich übrigens auch, wenn du meinen Artikel teilst, damit auch andere etwas davon haben.

Von Herzen,

 

 

 

 

Foto von Rachel Claire von Pexels

Foto von Victoria Borodinova von Pexels

 

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Das Leben kann ganz schön kompliziert werden, wenn man

durch verschiedene Situationen oder Lebensumstände traumatisiert ist.

Das Gehirn geht ja sehr eigene Wege, die wir mit unserem Verstand kaum nachvollziehen können.

In meinem Schlafbuch* habe ich ein ganz gutes Beispiel beschrieben dafür, wie Glaubenssätze entstehen: ein kleiner Junge will seinem Vater mit der Gartenarbeit helfen. Aber der Vater gibt eine missverständliche Anweisung oder bürdet ihm eine viel zu schwere Aufgabe auf (wie z. B. einen zu schweren Sack Gartenabfälle zu schleppen). Der Junge kann dann ja gar nicht anders als scheitern. Dann wird er noch ausgeschimpft dafür und vielleicht bekommt er sogar zu hören „Du kannst aber auch gar nichts richtig machen!“ Das ist natürlich ein Glaubenssatz, der sich ganz tief in den Jungen hineingraben wird. Vielleicht wird sich

daraus ein Trigger entwickeln.

(Ein Trigger ist ein Auslöser, der in dir eine Empfindung hervorruft.) Du kannst dir vorstellen, dass der Junge das nächste Mal keine Lust haben wird, dem Vater im Garten zur Hand zu gehen. Es könnte ja sein, dass der Vater wieder etwas zu ihm sagt. Und das wird sich dann nach und nach immer mehr ausweiten und nicht nur auf den Vater beschränkt bleiben. Es ist sehr gut denkbar (und wahrscheinlich – je nachdem, wie der Junge „gestrickt“ ist), dass er immer weniger Lust haben wird, von sich aus aktiv zu werden, weil er Angst hat zu scheitern und in oder mit dem Scheitern beschämt zu werden vor Publikum. (Es ist sehr gut möglich, dass diese eine Situation von dem Jungen als ein Trauma empfunden wird!)

Der Junge hat dann also

eine Blockade entwickelt.

Aber auch wenn diese Blockade ein echter Hemmschuh für ihn ist, geschieht sie trotzdem zu seinem Schutz.

Denn sein System (auch wenn wir nicht genau wissen, wer und was genau das ist) ist letztendlich nur besorgt um die Sicherheit des Jungen, bzw. später des Mannes.  Das System möchte verhindern, dass der Junge/Mann noch einmal in eine Situation kommt, die er als bedrohlich erlebt hat. Ich nenne diesen Teil gerne „Die inneren Wächter“. Beim Klopfen kommen sie häufig mit ins Spiel. Denn wenn man etwas verändern möchte, geht ohne sie gar nichts!

Dieses Sicherheitssystem ist in jedem von uns pausenlos im Einsatz. Stephen Porges hat das sehr schön in seinem Konzept der Neurozeption beschrieben. Das heißt, dass es in uns Teile gibt, die pausenlos checken,

ob und wie wir gerade „in Sicherheit“ sind.

Wenn wir traumatische Erfahrungen gemacht haben, führt das dazu, dass unser Wächter-System noch wachsamer die Umgebung auf mögliche Gefahren abscannt. Jeder Trigger kann reichen, um uns woanders hin zu beamen: ein Geruch, ein Blick, ein Tonfall, eine Farbe, Musik … Dieser Umstand wird begünstigt durch die Tatsache, dass traumatische Erfahrungen aufgrund von Überforderung eher bruchstückhaft abgespeichert werden.

Dies führt natürlich dazu, dass unser Leben sehr beeinträchtigt wird, weil bestimmte Dinge in einem „normalen“ Rahmen gar nicht mehr möglich sind. Wir sehen dann alles nur durch eine rote „Gefahren-Brille“.

In den vergangenen Jahren habe ich begonnen, mich auf verschiedenste Art und Weise mit Trauma auseinanderzusetzen. Erst nach und nach habe ich begriffen,

wie eine Retraumatisierung aussieht und sich anfühlt.

Dass es ein sehr spezieller Zustand ist, der sich vor allem dadurch auszeichnete, dass ich mich ein paar Tage in einer Art verwirrtem Nebel befand, wo meine Verbindungen zur Außenwelt beeinträchtigt waren, sich manchmal sogar gekappt anfühlten. Damit verbunden war natürlich auch ein Gefühl von Verloren-Sein und Sich-allein-Fühlen. Kurz: bei einer Retraumatisierung man gerät also wieder in einen Trauma assoziierten Zustand, so wie man sich in der ursprünglichen Situation gefühlt hat – samt allen körperlichen Symptomen und Stress-Reaktionen.

Nach ein paar Tagen verschwand dieser Zustand von allein wieder. Es ging mir dann wieder gut. Es ist mir erst vor ganz kurzer Zeit klar geworden, dass bestimmte Ängste, die dann und wann auftauchen,

mit Trauma assoziierte Zustände sind.

Auch, dass ich bestimmt vier Fünftel meines Lebens fast immer in diesen Zuständen gelebt habe …

Es gibt außerdem etwas zu bedenken: Hochsensibilität in Verbindung mit belastenden Kindheitsgefühlen macht einen grundsätzlich

äußerst anfällig für sekundäre Traumatisierung.

Denn Hochsensibilität hat ja häufig den Effekt, dass man Reize von außen sehr schnell aufnimmt. Menschen können grundsätzlich durch das traumatisiert werden, was jemand anderer erzählt.

Das ist mir selbst schon passiert, interessanterweise weniger mit Klienten, sondern im Privatbereich, wo ich mir beim Kartenspielen mit anderen diverse schreckliche Szenarien anhören musste und auch nicht weggehen konnte. (Jedenfalls habe ich es nicht über mich gebracht, die Erzählerin war offenbar in großer emotionaler Not. Hochsensibilität lässt mal wieder grüßen! Dadurch sind ihre Szenarien zu meinen Szenarien geworden! Ich habe mir dann keinen anderen Rat gewusst, als die Gruppe zu verlassen.)

Jedenfalls habe ich dadurch verstanden, dass es unbedingt gilt,

Retraumatisierung zu vermeiden.

Nicht nur für meine Klient*innen, sondern auch für mich.

Nun ist es ja so, dass beim KLOPFEN per se immer Gefühle mit hochgeholt werden, die mit einer bestimmten Siutation verbunden sind. Gefühle, die im Körpergedächtnis gespeichert werden. Das Risiko, diese Gefühle mit hochzuholen, ist relativ hoch, wenn man sich mit belastenden Kindheitserfahrungen beschäftigt.

Darum hat mich der Ansatz der kanischen EFT-Masterin Nacy Forrester so begeistert. Ihr Ansatz, „Conscious EFT“ zielt darauf ab,

EFT/KLOPFEN für die Anwender*innen sicherer zu machen.

Mich hat das sofort begeistert, weil mir klar war, wie sehr die Menschen, die mir in irgendeiner Weise folgen, davon profitieren können. Die meisten von uns haben ja viele (und häufig auch schwere) Belastungen. Demzufolge gibt es meistens auch sehr viele Trigger, Auslöser für oder von (vielleicht unbewussten) Erinnerungen und Verhaltensweisen.

Was liegt da näher, als das KLOPFEN so zu gestalten, dass man möglichst gar nicht in die Nähe von Triggern kommt? Das war letzten Endes mit eine meiner

Hauptmotivationen, den Intensivkurs zu entwickeln.

Denn neben der Gemeinschaft Gleichgesinnter ist ein weiteres wichtiges Element des Intensivkurses, dass wir im Kurs vor allem Impulse klopfen, die sich nicht auf einzelne Erfahrungen beziehen, sondern auf „Lehren“ oder Glaubenssätze, die du aus vielen unterschiedlichen Erlebnissen gezogen haben magst. Diese Impulse sind grundsätzlich anders gestaltet als Klopfsätze und erreichen deinen Körper daher auf sehr viel tieferen Ebenen als einzelne Sätze es jemals könnten. So kannst du mit sehr viel weniger Aufwand sehr viel mehr erreichen…  Der Intensivkurs öffnet jetzt vom 21. bis zum 27. April 2023 für max. 10 Teilnehmer*innen.

Wie immer, veranstalte ich wieder vorher einen kostenlosen Workshop. In dem Workshop zeige ich dir, wie du richtig und achtsam klopfen kannst. Außerdem kannst du schon ein bisschen Intensivkurs-Feeling schnuppern.

Sehen wir uns im Workshop? Ich freue mich, wenn du dabei bist.

Von Herzen, deine

Monika

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Widerstand und Selbstsabotage

Widerstand und Selbstsabotage

Hochsensibilität führt sehr häufig dazu, dass man ein grundsätzliches Problem damit hat, etwas loszulassen. Egal, was. Menschen, Orte, Verhaltensweisen – und vor allem Gedanken. Auch wenn diese Gedanken gar nicht gut für uns sind und besser ungedacht blieben. Warum schädigen wir uns bloß selbst?

Ganz sicher handelt es sich um eine Trauma Folge.

Wenn man nämlich ein Leben lang belastende Kindheitserfahrungen mit sich herumschleppt, die man einfach nicht loswerden kann, ist so gut wie immer das eigene Empfinden von Sicherheit beeinträchtigt. Weil wir gelernt und verinnerlicht haben, dass es viele Dinge gibt, die einfach nicht sicher sind.

Und diese Angst hält einen fest und zurück (wenn man nichts dagegen unternimmt). Diese Angst ist es, die dafür sorgt, dass wir uns nicht leben können, dass wir vielleicht

das Gefühl haben, unser Leben zu verpassen.

(Diese Angst könnte jetzt auch mit den steigenden Infektionszahlen wieder wieder größer werden …)

So viele Dinge wünschen wir uns, ganz dringend und von Herzen, aber je mehr wir unternehmen um sie zu erreichen, umso weiter scheinen sie weg zu rücken. Oder es passiert gar nichts, wir bewegen uns keinen Zentimenter vorwärts. Das kann uns auch in einer Art Dauer-Stress gefangen halten.

Leider ist es so, dass wir etwas unbedingt haben wollen, aber

genauso intensiv wollen wir es aber auch nicht.

Nun sind uns die eigenen Widerstände gegen scheinbar positive Zustände meistens eher nicht bewusst. Noch weniger haben wir dabei im Blick, dass vermeintliche „positive Zustände“ sich nicht unbedingt für alle unsere inneren Anteile wirklich „positiv“ anfühlen, sondern für einige Anteile eher bedrohlich wirken können.

Widerstände können sehr viele verschiedene Formen haben, bzw. sich auf sehr unterschiedlichen Wegen zeigen.

Ich habe dafür selbst ein richtig gutes Beispiel.

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich über das Schneckentempo geschrieben, in dem ich vorwärtszukommen scheine. Nun ist es so, dass ich ja nachverfolgen kann, dass die Zahl meiner Seitenaufrufe täglich wächst und Besucher*innen offenbar sehr viel mehr Zeit auf meiner Seite verbringen. Ich bekomme auch sehr schönes persönliches Feedback über meine Serie Trauma in Liebesbeziehungen. (Und ich glaube auch, dass (Entwicklungs)Trauma superwichtig ist, weil es so viele Menschen betrifft, aber in der Öffentlichkeit kaum vorkommt. Trotzdem wächst die Zahl meiner Blogfollower*innen kaum.

Gestern bin ich ziemlich schlagartig meiner

eigenen Selbsabotage auf die Schliche gekommen.

Ich war sehr peinlich berührt. Ich habe zwar ein wunderschönes Blog-Abo-Formular gebastelt, es aber versäumt, dies immer unter die Beiträge zu setzen …

Das war aber noch nicht alles. Ich habe auf dieser Seite ja verschiedene kostenlose Angebote. Mir ist nicht aufgefallen, dass ich beim Kopieren von Registrierungsformularen diese nicht den richtigen Listen zugeordnet habe. Au weia.

Es kann also sein, dass du dich vielleicht für den kostenlosen E-Mail-Kurs angemeldet hast, statt dessen aber eine E-Mail für den Intensivkurs bekommen hast (vielleicht sogar eine alte). Ich kann es natürlich niemandem verdenken, wenn er/sie sich darüber ärgert und wieder abmeldet (und niemals wiederkommt).

Ich habe das sofort als krasse Selbsabotage begriffen,

als ein Ich-lege-mir-selbst-Steine-in-den Weg.

Soweit mir das möglich war, habe ich die Liste bereinigt. Die einzige Sache, die ich nicht mehr nachvollziehen kann, ist, ob sich jemand vielleicht für den Blog anmelden wollte und statt dessen beim Newsletter gelandet ist. Falls dem so sein sollte, melde dich doch bitte noch einmal für die Blogliste an.

Ich versuche mir zu verzeihen. Ich glaube, ich neige in der Regel nicht (mehr?) dazu mich selbst zu beschimpfen. Ich weiß, dass das alles schlimmer macht und niemals besser. Aber gerade ärgere ich mich unglaublich über mich … So sehr habe ich mich schon lange nicht geärgert. Aber offenbar ist es an der Zeit, dass ich mich mit meinen

eigenen Widerständen in Sachen „erfülltes Leben“

befasse. Damit ich meinen Visionen für mich ein Stück näher komme. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es in mir Anteile gibt, die gar nicht wollen, dass ich sichtbarer werde (vielleicht, weil sie Angst haben, dass die Anzahl derer, die mir sagen: „Das darfst du nicht!“ wächst …)

So ein krasses Jahr wie dieses hatte ich glaube ich noch nie. So kommt es mir jedenfalls vor. Ich bin mir selbst noch nie so nah gekommen wie in diesem Jahr. Im Guten wie im Schlechten. Das meiste war toll. Aber ich bin auch echt durch. Meine Fehler scheinen sich zu häufen. Ich brauche wohl mal dringend Urlaub. Und so langsam setzt sich auch bei mir die Erkenntnis durch, dass ich jetzt nicht mehr alles alleine schaffen kann … Und darum werde ich jetzt gleich sofort versuchen herauszufinden, woran es bei mir liegt und das beKLOPFEN.

Wenn du auch das Gefühl hast, du steckst fest und kannst dich nicht leben, dann mach doch mit bei meinem nächsten Workshop. Ich zeige dir 3 Möglichkeiten, mit denen du achtsam und sicher klopfen kannst.

Mit welchen Widerständen hast du zu kämpfen? Wie immer freue ich mich, wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst.

Von Herzen,

deine

Monika

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Das darfst du nicht!

Das darfst du nicht!

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Hochsensibilität dazu führen kann, dass man sehr intensive Träume hat. Meine Träume sind tatsächlich meistens so verwirrend, dass es unmöglich ist, sie in Worte zu fassen. Aber kürzlich hatte ich einen Traum, der äußerst plakativ war.

Ich träumte, ich musste mich in eine alte Obstkiste setzen (so, wie sie für Äpfel verwendet werden). Ich musste mich zwar ziemlich zusammenkrümmen, fand aber tatsächlich Platz darin. Die Kiste hatte kleine Räder und offenbar auch einen Motorantrieb, obwohl keine Steuerelemente zu sehen waren. In der Holzolzkiste musste ich einen steilen Berg hinauf fahren. Dabei wurde ich dauernd

von anderen Menschen überholt,

scheinbar vor allem Männern, die in größeren, schnelleren Kisten saßen und unter lauten Rufen ralleymäßig an mir vorbeizogen. Das war kein sehr schönes Gefühl. Ich tuckerte so vor mich hin in meiner kleinen Kiste. Manchmal hatte ich Angst, die Kiste könnte stehen bleiben. Immer wieder zogen andere Menschen in ihren offenbar leistungfähigeren Kisten an mir vorbei. Ich habe schon überlegt auszusteigen und zu Fuß zu gehen, aber irgendwie ist mir dann gedämmert, dass dies MEIN Tempo und mein Leben ist. Und dass es absolut nichts auf der Welt gibt, was ich tun kann, um meine Kiste zu beschleunigen. Alles, was ich zu tun habe, ist sitzenzubleiben.  Irgendwann kam niemand mehr vorbei.

Offenbar war ich die Letzte.

Schließlich kam ich aber doch oben auf einem Plateau an. Vorher musste ich aber noch eine sehr gefährlich aussehende Schotterstelle umfahren, von der ich nicht sicher war, dass meine kleine Kiste mit ihren handtellergroßen Rädern sie bewältigen kann. Es ging aber alles gut. Oben breitete sich eine wunderschöne Seenlandschaft vor mir aus und ich habe es genossen, dort ganz allein in der Natur zu sein.

Sofort nach dem Aufwachen war mir klar, dass mir da jemand eine Botschaft geschickt hat. Zumal ich weiß, dass alle Fortbewegungsträume sich immer auf mein Vorankommen im Leben beziehen.

Tatsächlich hadere ich immer wieder einmal mit mir und

meiner Fähigkeit, meine Ziele zu erreichen.

Obwohl ich andererseits weiß, dass ich Dinge schaffe und erreiche, die viele andere nicht schaffen, kommt mir mein Tempo häufig ennervierend langsam vor.

Es ist offenbar ganz typisch in der Hochsensibilität

(oder Vulnerabilität um dieses grässliche Wort mal auszusprechen), das Gefühl zu haben, nicht man selbst sein zu können, weil man vor allen Dingen damit beschäftigt ist, die eigenen Bedürfnisse zu unterdrücken und statt dessen die Bedürfnisse der anderen zu erkennen (wofür wir übrigens ja sehr gute, berechtigte Gründe haben bzw. hatten).

Ich habe vor Jahren einmal eine Umfrage mit dem Namen „Die 3 schlimmsten Dinge“ der Welt erstellt. (Achtung, das hat Triggerpotential!) Darin haben

87,8 % angegeben, dass sie nicht sie selbst sein konnten.

Letzte Woche hat meine liebe Kollegin Sabrina Haar ein wunderbares Interview mit mir gemacht über meinen Lebensweg. Erst dadurch ist mir in aller Deutlichkeit richtig bewusst geworden, wie sehr mein Leben dadurch bestimmt wurde, dass andere Menschen mir immer wieder vermittelt haben:

„Das darfst du nicht!“

Vermutlich hat es seinen Ursprung darin, dass ich nicht einmal selbst darüber bestimmen durfte, wann ich auf die Welt komme. Ich erinnere mich auch an eine Trauma assoziierte Situation im Kindergarten bei den Nonnen, wo ich eine gestellte Aufgabe auf meine eigene Art und Weise umsetzen wollte und dafür vor allen Kindern beschimpft und beschämt wurde … So ging es immer weiter.

In dem Interview erzähle ich von den beruflichen Schwierigkeiten, bzw.

Stolpersteinen auf meinem Lebensweg

mit denen ich zu kämpfen hatte und habe.

Was mir nach dem Interview noch richtig nachgegangen ist, ist, wie verheerend es im Grunde genommen gerade ist, wenn Menschen, die dir nahe stehen, zu dir sagen: „Das darfst du nicht!“

Vielleicht kannst du das ja für dich anders handeln, aber ich schaffe es nicht, mich vollkommen dagegen abzuschotten, auch wenn ich weiß, dass der/die andere nicht recht hat, dass es für mich nicht stimmt, was er/sie sagt.  Etwas geschieht dann doch immer. Abgesehen von dem Stress, den es auslöst.

Ein Zweifel wird in mir gesät,

der dann in aller Stille vor sich hinkeimt. Dann geht es irgendwann los mit den Gedanken: „Hat er/sie nicht doch recht?

Darf ich das wirklich?

Das hat verheerende Auswirkungen. Nicht nur, weil es viel Energie und Zuversicht abzieht, sondern weil es etwas ist, womit so viele hochsensible Menschen Probleme haben, weil sie natürliche Entfaltung einfach nicht erleben konnten.  So konnten sie einfach auch nicht lernen, dass sie das Recht haben, zu dürfen, das Recht Dinge auszuprobieren und natürlich auch das Recht zu scheitern.

Aber meistens ist ja eine der Lernerfahrungen aus

belastenden Kindheitserfahrungen,

dass wir nicht dürfen und vielleicht versuchen wir es darum gar nicht erst, weil die Angst vor Ablehnung so übermächtig ist.

Ich frage mich übrigens immer, wieder ob ich das darf, öffentlich über

Trauma in Liebesbeziehungen

schreiben. Bis jetzt habe ich es immer geschafft, mich über meine Zweifel hinwegzusetzen. Aber ich muss für jeden einzelnen Artikel mit mir kämpfen …

Für mich ist jedenfalls die Erkenntnis aus meiner Traumdeutung, dass ich nicht aufgeben soll, dass ich mein ganz eigenes Tempo und meinen eigenen Weg habe. Dass das einzig Wichtige ist, mir selbst und meinem Weg zu folgen.

Ich finde es selbst irgendwie schräg, dass ich jetzt nach 9 Jahren Selbstständigkeit das Gefühl habe, wirklich mit meinem Hochsensibilität online Kurs angekommen zu sein in meiner Arbeit. (Bei dem Intensivkurs handelt es sich um einen Jahreskurs, vielmehr eine EFT Jahresbegleitung, bei der wir deine Lernerfahrungen aus Entwicklungstrauma in einem sicheren Raum triggerfrei mit klopfen auflösen.)

Das ist sehr effektiv und macht allen Spaß. (Tatsächlich mache ich noch mit meiner ersten Gruppe über das Jahr hinaus weiter auf ihren Wunsch!) Ich bin selbst überrascht, wieviel Spaß mir die online-Arbeit mit einer Gruppe macht. Ich freue mich immer total, wenn ich die Live-Treffen mit meinen Intensivkurs-Gruppen habe. (Die nächste Gruppe macht sich übrigens im April 23 auf den Weg, falls du Lust hast, dabei zu sein).

Auch die Workshops machen mir Spaß. Im nächsten Workshop geht es darum, wie du achtsam und sicher klopfen kannst.

Hat „Das darfst du nicht!“ auch dein Leben beeinflusst? Wie immer freue ich mich, wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst. Ich freue mich übrigens auch, wenn du meine Artikel teilst, wo auch immer.

Von Herzen,

Deine Monika

Image by Bittermuir from Pixabay 

Trauma in Liebesbeziehungen – meine Familie

Trauma in Liebesbeziehungen – meine Familie

Wenn man sich mit Trauma in Liebesbeziehungen und Hochsensibilität beschäftigt, kommt man nicht umhin, sich mit Familie zu beschäftigen, nicht nur der eigenen, sondern auch der des/der Partner*in. Ob man das nun möchte oder nicht.

Bis jetzt habe ich mich erfolgreich um das Thema Familie gedrückt, aber nun muss es eben doch sein. Familie ist ja der Ort, wo der ganze Stress entsteht, wo wir geformt werden, wo wir uns verlassen und verlassen werden und verloren gehen. Und bitte denke daran, wenn dich hier etwas triggert, zu klopfen, an der Handkante oder am Schlüsselbein oder an einem Punkt deiner Wahl, den du besonders gern hast.

Ich habe mich immer superschwer getan mit den Familien meiner Partner und Partnerinnen. Vermutlich weil es dort so

viele Parallelen zu meiner eigenen Familie

gab. In den ersten Beziehungen, die ich mit anderen einging, spielte das Thema Alkohol immer irgendwie in irgendeiner Form eine Rolle, ob nun im Hintergrund oder nicht. Das Leben lässt grüßen! Später hat sich das etwas verloren, bzw. ich bekam nicht mehr genug von den Familien meiner Partner*innen mit um das beurteilen zu können. Wenn machbar, blieb ich auf Abstand.

Zu meiner eigenen Familie habe ich

ein sehr, sehr schwieriges Verhältnis.

Irgendwie habe ich mich im Kreis meiner Familie nie wohl gefühlt. Und sicher schon gar nicht. Das lag nicht nur an der drangvollen Enge (Tatsächlich bewohne ich jetzt eine Wohnung alleine, die fast so groß ist, wie die Wohnung, in der ich aufgewachsen bin, nur, dass wir damals zuerst zu siebt dort lebten und später zu sechst!) und des völligen Fehlens eines eigenen Raums …

Ganz lange Zeit hätte ich gar nicht zu sagen vermocht, was eigentlich so schwierig war, warum ich mich so unwohl fühle. Sicher, ich hatte diese sehr schwierige Beziehung mit meiner Mutter, das Gefühl, nicht willkommen zu sein, was mich praktisch mein ganzes Leben lang begleitet hat (Erst in diesem Jahr konnte ich mit meiner Mutter eine Art Frieden machen, post-mortem). Aber besser spät als nie! Das Verhältnis zu meinem schon vor Ewigkeiten verstorbenem Vater betrachte ich auch als weitgehend geklärt …

Ich bin übrigens sicher, dass meine

Eltern beide mit Hochsensibilität zu tun hatten,

und auch, dass beide Scanner-Persönlichkeiten waren, so wie ich. Sie waren beide sehr wissbegierig und vielseitig interessiert, das wird sie auch verbunden haben. Meine Geschwister würde ich da erst einmal nicht so einsortieren. Aber vielleicht tue ich ihnen auch unrecht.

Entwicklungstrauma als Folge dysfunktionaler FamilienJedenfalls sind meine Geschwister ein Kapitel für sich. Grundsätzlich war es schon einmal sehr schwierig für mich, dass

mein Status als drittes von fünf Kindern in der Familie nie festgelegt war,

sondern davon abhing, mit dem ich das Zimmer teilte. Waren es die beiden Älteren, gehörte ich zu den Großen, waren es die beiden Jüngeren, gehörte ich zu den Kleinen. Mit dem Status waren gewisse Privilegien verbunden, z. B. wie lange man aufbleiben darf. Meine ganze Kindheit hindurch gab es Dinge, die ich mal durfte und dann mal wieder nicht.

Dinge, die für meine Geschwister selbstverständlich waren, galten für mich nicht,

z. B. musste ich mit 16 zu anderen Uhrzeiten zuhause sein als alle anderen.

Früher ist mir das nie in den Sinn gekommen, aber im Rückblick kommt es mir vor, als habe mich meine Mutter in irgendeiner Form an sie gebunden. Obwohl ich nicht zu sagen vermag, wie genau. Sicher ist jedenfalls, dass ich erst, nachdem meine Mutter gestorben  war, das Gefühl hatte:

Jetzt kann ich mein eigenes Leben leben!

Falls du mir bis jetzt in meiner Serie Trauma in Liebesbeziehungen gefolgt bist, erinnerst du dich vielleicht daran, dass ich relativ schnell gemerkt habe, dass die Beziehung mit X tief vergrabene Dinge ans Tageslicht holte und ich überhaupt nicht mehr klarkam.

Darum habe ich eine Traumatherapie begonnen.

Irgendwann fiel mir ein Familienfoto in die Hände, wo ich im Kreise meiner Schwestern sitze. Natürlich kannte ich das Foto. Es wurde aufgenommen, als ich ungefähr 18 war. Aber zum ersten Mal habe ich auf diesem Foto etwas erkannt (und es war eine tief körperlich empfundene Erkenntnis!): nämlich, dass ich im Vergleich mit meinen Schwestern

einfach verkümmert

wirke. Nicht nur halb so groß, sondern insgesamt nur die Hälfte von allem. Als sei ich nicht richtig gediehen.

Das war ein tiefer Schock.

Es war, als würde ich zum ersten Mal mein Unwohlsein in meiner Familie wirklich verstehen, mit all meinen Sinnen begreifen. Und es ist natürlich überhaupt nicht verwunderlich, dass ich in meiner Familie das Gefühl habe, ich bin einfach nichts und alles was ich kann und weiß, zählt dort nicht.

In meinem letzten Workshop habe ich gesagt, dass ich dich, meine treue(n) Leser*innen und Follower*innen

viel mehr als Familie begreife

als meine eigene Herkunftsfamilie. Im Großen und Ganzen fühle ich mich von dir und euch wirklich gesehen, als das, was ich bin und kann. Du/Ihr gibst/gebt mir das Gefühl, etwas zur Welt beitragen zu können, etwas zu bewirken, in dir und deinem Leben.

In meiner Familie zählt all das nicht, dort bin ich überhaupt nichts.

Nur ein paar Beispiele: Als wir die Feier für die Beeerdigung meiner Mutter planten und ich eine Rede halten wollte, wurde mir beschieden „Aber nur ganz kurz!“ Abfällige Bemerkungen darüber, wieso ich mir denn einbilden würde, ich könnte jemals ein Buch veröffentlichen und etwas zu sagen haben, habe ich mehrfach gehört …

Das alles gärt nun schon seit Jahren in mir.

Nach dem Tod meiner Mutter sind wir übrig gebliebenen Kinder erst einmal enger zusammengerückt. Irgendwann kam aber der Moment, wo ich gemerkt habe, das Unwohlsein im Kreis meiner Geschwister hat mich wieder eingeholt.

Und so kam es, dass sich im Zuge meiner Traumatherapie in irgendeinem Winkel meiner Selbst Mut angesammelt hat, so dass ich meinen Geschwistern eines Tages, als ein online Treffen im Gespräch war, für mich selbst überraschend mitgeteilt habe, dass ich sie fürs erste nicht sprechen und treffen möchte.

Ich war es einfach leid, dass, wenn ich in unserer Whatsapp-Gruppe etwas über mein Leben erzähle, einfach keine Reaktionen kommen. Als sei ich unsichtbar.

Ich bin sehr froh mit meiner Entscheidung.

Es ist, als sei eine Riesenlast von mir gefallen. Erst durch die Distanzierung habe ich gemerkt, wie unwohl ich mich mein ganzes Leben in meiner Familie gefühlt habe. (Natürlich gab es am Anfang auch ein Angstmoment, aber das ist ziemlich schnell verflogen).

Parallel dazu habe ich mich auch noch aus einer Freundesgruppe gelöst, wo ich genau das gleiche Gefühl habe: dass es nicht wichtig ist, ob ich da bin oder nicht, außer aus Gründen der Vollständigkeit oder außer ich soll etwas Bestimmtes tun. Aber eigentlich interessiert sich niemand für mich. Und wir sprechen auch keine gemeinsame Sprache, es ist unmöglich für mich, bei den anderen anzudocken, weil ich ihre Interessen weder verstehen noch nachvollziehen kann.

So geht es mir wohl mit allen größeren Gruppen. Stets sind sie für mich wie

eine Art Abbild meiner Familiendynamik gewesen.

Jetzt habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, eine positive Veränderung erreicht zu haben. Indem ich mich von denen abgewandt habe, in deren Gegenwart ich mich unwohl fühle. Statt dessen habe ich mich Menschen zugewandt, mit denen es eine gemeinsame Kommunikationsebene gibt und gemeinsame Interessen. Menschen, die sich für das interessieren, was mich bewegt und womit ich mich beschäftige und was ich mache. Und ich interessiere mich in gleichem Maß für ihr Leben. Das ist so etwas von befreiend! Ich habe das Gefühl,

ich darf mich endlich entfalten!

Eigentlich sollte dies ein Artikel über meine Famlie und die Familie von X werden. Kaum hatte ich mich hingesetzt, flog der Stift nur so über das Papier, also kommt ihre Familie erst im Artikel nächste Woche dran. Es ist verrückt, mir scheint, je mehr ich zu dem Thema schreibe, umso mehr will aus mir heraus …ich muss den Worten, die sich schon in mir drängeln, einfach nur die Möglichkeit geben, herauskommen zu dürfen …

Wie gehts dir mit deiner Familie? Erträgst du sie, bist du auch auf Abstand gegangen oder hast du deinen Frieden gemacht? Wie immer freuen wir uns, wenn du  deine Geschichte mit uns teilst.

Von Herzen,

Deine Monika

de_DEDeutsch