Trauma in Liebesbeziehungen: Respekt

Trauma in Liebesbeziehungen: Respekt

Zum Thema Trauma und Liebe habe ich mich schon mit den unterschiedlichsten Aspekten beschäftigt: mit dem Alltag, mit Ichbezogenheit, mit Sicherheit, mit Familie (meiner eigenen, der Familie der Partnerin und meine innere Familie), Viele (sein) und Nähe und Distanz.

Die Rauhnächte sind  nicht mehr weit weg und mehr als jemals zuvor habe ich den Wunsch mein Leben aufzuräumen und abzuschließen.

Darum soll es diesmal um das Thema Respekt gehen und um

Das beziehungsende zu akzeptieren ist nicht einfach

Image by S. Hermann / F. Richter from Pixabay

das unrühmliche Ende der Beziehung.

Nur zum besseren Verständnis halber: der Stand der Beziehung war: die Liebe war sehr groß auf beiden Seiten. Daran hatte auch die Eröffnung meiner Partnerin, Viele zu sein, nichts geändert. Wegen der sehr intensiven Gefühle füreinander haben wir nach Wegen gesucht, zusammen sein zu können. Ich hatte eine kleine Wohnung in der Stadt gemietet, in der sie lebte und der Plan war, jeweils zwei Wochen in ihrer Stadt zu verbringen und jeweils zwei in meiner. Bis dahin hatten wir gemeinsam ihr Leben gelebt, wenn ich bei ihr war. Mein Wunsch war, auch mal mehr von meinem Leben dort einzubringen.

Die ersten Tage in meiner neuen Wohnung waren ein Alptraum. Anders lässt es sich nicht beschreiben. Ich war entsetzt, fürchtete, einen schweren Fehler begangen zu haben.

Wir haben uns (natürlich) wieder berappelt. Dann gab es erstmal große Freude, auf beiden Seiten,

endlich mehr Zeit miteinander verbringen zu können.

Leider währte diese Freude nur sehr, sehr kurz.

Unter ihren vielen Innenpersonen gab es ja mindestens eine, die mich nicht wollte, ja, nicht einmal mochte. (Ich nannte sie die Hauswirtschaftsmeisterin.) Die Hauswirtschaftsmeisterin war wohl so eine Art Beschützerin für andere Innenpersonen. Jedenfalls fühlte sie sich ganz zunehmend bedroht durch meine häufige Präsenz. Das heißt, dass ihre Ausfälle mir gegenüber zunahmen. Immer wieder machte sie mich herunter. Ich habe versucht, mich davon nicht beeindrucken zu lassen, aber das ging nur ganz bedingt. Für mich ist eben genau das ein Trauma Trigger. Es machte mir auch ganz zunehmend zu schaffen,

dass meine Partnerin gar nichts von meiner Arbeit hielt.

Sie fand, dass ich ohne eine fundierte Trauma-Ausbildung nicht mit dem Klientel arbeiten dürfte, das zu mir kam (sie selbst machte übrigens ganz genau das!). Anfangs hatte sie sich ein-, zweimal Auftritte von mir als Referentin bei online Kongressen angesehen. Nie hörte ich etwas Gutes, sondern immer nur Kritik. Wie du dir denken kannst, hörte ich schnell auf, überhaupt von Auftritten zu erzählen …

Die Idee zum Intensivkurs „Besser umgehen mit Hochsensibilität“ hat es da schon gegeben

und ich hatte schon begonnen, Material für den Intensivkurs zu erstellen oder vorzubereiten. Für mich war klar, DAS ist der nächste Schritt. (Manchmal mache ich ein Baum-Orakel, da wurde mir immer übermittelt: Mach deinen Kurs fertig! Von daher wusste ich auch, dass dieses Projekt auch „von oben“ unterstützt wird.) Ist es unnötig zu sagen, dass X nicht glaubte, dass mein Projekt Erfolg haben und dass daraus etwas Gutes entstehen könnte?

So vergingen ein paar Monate. Ich richtete mich ein in einem Leben an 2 verschiedenen Orten. Unsere Beziehung befand sich unterdessen schon in einer sehr steilen abwärts Geraden. Immer häufiger tauchten Dinge plötzlich auf, die einfach nicht gingen. Auch für mich nicht. Beeinander übernachten gehörte zu den ersten Dingen auf der Abschussliste …

Mir dämmerte, dass ich zwar vieles hinnehmen konnte, sogar Beschimpfungen und runtergemacht werden. Aber eines konnte ich nicht hinnehmen: dass sie

keinen Respekt und keine Wertschätzung hatte für meine Fähigkeiten und meine Arbeit.

Noch war ich allerdings gefangen in meinen Gefühlen und handlungsunfähig. Aber wie immer in solchen Situationen, übernahm jemand anderer oder etwas anderes die Führung.  Ich begann, sehr häufig grundlos zu weinen, ohne dass ich hätte sagen können warum.

Das war natürlich nicht sehr förderlich, weil es zu Verärgerung auf ihrer Seite und Mich-klein-Fühlen auf meiner Seite führte. Heute weiß ich natürlich, dass mein Kummer so groß war, dass dafür die Worte fehlten. Obwohl wir viel miteinander sprachen und versuchten, Dinge miteinander zu klären, wuchs doch die Zahl der unaussprechlichen Dinge, die sich zwischen uns wie ein Berg aufhäuften.

Entwicklungstrauma hat zum Ende der Beziehung geführt

Image by bruce lam from Pixabay

Dann explodierte die Beziehung innerhalb eines ganz kurzen Zeitraums.

Ich versuchte immer noch, in ihrer Stadt heimisch zu werden. Wegen Corona hatte ich weder die neue Stadt, noch Leute dort kennen lernen können. Nun hatte mir ihre Schwester einen Kontakt vermittelt. Wir trafen uns, wir gingen spazieren, wir unterhielten uns. Und natürlich redeten wir auch über unsere Arbeit. Als ich so erzählte, was ich so machte, sagte sie „Das ist ja spannend!“ und stellte mir Fragen.

Ich ging nach Hause und war wie vom Donner gerührt. So fühlte es sich also an, wenn sich jemand für meine Arbeit interessierte … und mit Schrecken wurde mir bewusst, dass meine Partnerin meiner Arbeit noch nie dieses an sich normale Interesse entgegengebracht hatte.

Noch etwas geschah an diesem Tag. Ich nahm gerade teil an Sabrina Haars Kongress zum Thema Herzöffnung und machte mit bei einer Theta

Meditation zum Thema „das Herz von Verletzungen in der Gegenwart heilen“.

Am Tag darauf war ich mit meiner Freundin verabredet. Ich erzählte ihr von dem Treffen und auch von meiner Erkenntnis, dass sie nicht an mich glaubt. Da sagte sie: „Ja, und wenn wir das jetzt einfach mal so stehen lassen?“ Was? Wie? Wo? Ich war ziemlich verwirrt, das kam sehr plötzlich und unerwartet. Aber es gab ja diesen Teil von mir, der wusste, dass ich nicht mit jemandem zusammen sein kann, der nicht an mich glaubt. Wie soll ich meine Arbeit da erfolgreich sein? Es blieb also nichts, als das Ende der Beziehung zu akzeptieren.

Zu dem Zeitpunkt glaubten wir beide daran, dass wir irgendwann später befreundet sein könnten. Wenn auch nicht sofort natürlich.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch

keine Ahnung, dass das Drama mit der Trennung mitnichten ausgestanden war.

(Obschon es eine große Erleichterung war, mein Leben zurückzubekommen natürlich.)

alptraum umzug

Image by Sabine from Pixabay

Die Wohnung aufzulösen war ein Alptraum.

3 Monate Kündigungsfrist. Kein Nachmieter zu finden. Immer wieder musste ich dorthin fahren, jeder Trip eine Tortur. Ich war außerdem auf die Idee gekommen, ich könne im Sommer dort eine Weile sein und der Hitze im 3. Stock an meinem Hauptwohnort für eine Weile entkommen (total bescheuert). Und Besuch bekommen zum Zeitvertreib und mich mit der Stadt aussöhnen. Das war mir sehr wichtig.

Aber nichts davon funktionierte. Es war und blieb schrecklich, dort zu sein, und sie nicht mehr zu sehen. Es ging auch nichts rückgängig zu machen.

Ich hatte der Wahrheit ins Gesicht gesehen.

Außerdem war ich wie paralysiert, weil ich nicht wusste, wie ich meine paar Möbel nach Hause transportieren sollte. Schließlich hatte meine beste Freundin ein Einsehen mit mir und mietete resolut einen Minivan. An einem Morgen fuhren wir hin, räumten alles aus und am Nachmittag wieder zurück. Die Schlüsselübergabe schaffte ich auch noch. Ein paar Tage später das Hochwasser in NRW. Auch wenn das total banal erscheint, weil so viele Menschen alles verloren haben, wurde mir immer fast schlecht bei dem Gedanken daran, wie knapp das war, bei der Vorstellung, dass ich dort noch hätte wochenlang festsitzen und -kleben hätte können, weil die Autobahn wegen der Überschwemmung nicht befahrbar war.

Letztendlich, im Rückblick kann ich sehen, dass

durch die Beziehung ganz bestimmte Aspekte meiner belastenden Kindheitserfahrungen gründlich aufgewühlt

häufig machen kinder belastende erfahrungen in der kindheit

Photo by Candace McDaniel on StockSnap

wurden. Aspekte, die mir vorher in dieser Form gar nicht wirklich bewusst waren. Ich glaube, dass das, womit ich durch die Beziehung in Berührung gekommen bin, die Erfahrung einer ganz tiefen Einsamkeit ist – in die Welt geworfen zu sein, alleine zu sein und nicht wirklich geliebt und bewundert zu werden.

Wie wichtig die Bewunderung ist, ist mir auch erst vor kurzem klargeworden. Babies müssen bewundert und bestaunt werden. Dafür, dass sie da sind. Ein Baby ist ein Wunder! Und es gehört zu dem, was ein Baby braucht, um ein Gefühl für sich selbst zu entwickeln. (Vielleicht schreibe ich dazu mal einen extra Beitrag.)

Bei mir hat sich nach einer Weile nach und nach ein Gefühl von immer größer werdender Wut eingestellt. Erst wollte ich das gar nicht zulassen. Ich hatte ja allem zugestimmt, ja, es war sogar meine eigene Idee mit der Wohnung gewesen, wie konnte ich da jetzt wütend werden …?

Mir ist dann aber klar geworden, dass sich die Wut darauf bezog, dass sie mich getäuscht hat. Letzten Endes war ich gar

nicht in der Lage gewesen, ihre Beziehungsfähigkeit realistisch einzuschätzen.

Hätte sie mir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt, sagen wir mal, innerhalb der ersten 3 Monate, wäre alles ganz anders gewesen. Ich hätte mich sicherlich trotzdem auf sie eingelassen. Da bin ich mir sicher. Aber es wäre viel eher klar geworden, wie eng gesteckt die Grenzen sind, und dass eine ebenbürtige Beziehung einfach nicht möglich ist.

Meine Wut bin ich übrigens los geworden. Auf ganz einfache Weise.

Meine (nun Ex-)Partnerin hat ab und zu mal eine SMS geschickt, ob ich denn nun fertig bin mit dem Abstand halten und mitten in der größten Wut habe ich zurückgeschrieben, dass ich noch darauf warte, dass ich ruhiger werde und ihr einen Brief in einem normalen Ton schreiben kann. Das hat sie nicht verstanden. Dann habe ich zurückgeschrieben (ohne nachzudenken), dass ich so wütend bin, dass ich ihr eins reinschlagen könnte. Dann kam sofort „Du machst mir Angst. Schreib mir nie wieder.“ Sofort hat sie meine Kontaktdaten gelöscht.

Du musst wissen, dass ich der sanftmütigste Mensch der Welt bin.

Ich werde niemals „böse“, selten aggressiv

und traue mich kaum jemals, anderen zu sagen, was sie tun sollen.

Sollte ich mich jetzt schlecht fühlen? Das war ein für mich vollkommen atypisches Verhalten. (Das war das 3. Mal in fast 60 Jahren das ich „entgleist“ bin.) Ich habe mich gefragt, ob ich einen Termin bei meiner Trauma-Therapeutin machen soll. Ich habe mir vorgestellt, ich würde ihr das erzählen. Und in meiner Vorstellung strahlte sie über beide Ohren.

Ich habe so verstanden, was passiert ist. Ich habe meine Wut dahin getragen, wo sie hingehört. Und ich habe nichts beschönigt, sondern einfach gesagt, wie es ist. Ich brauche keine Therapie. Ich habe alles  richtig gemacht!

Das Leben ist so großartig!

Auch wenn im Rückblick gesehen, die alptraumartigen Erlebnisse mehr in mir herumrumoren als die schönen, glaube ich doch, dass meine Erfahrungen letztendlich dazu beigetragen haben, meinen Hochsensibilität online Kurs, den  Intensivkurs, zu dem zu machen, was er heute ist. Eben, weil ich mit ganz tiefen, schecklichen Gefühlen in Berührung gekommen bin, habe ich verstanden, wie wichtig es ist, sich von dort fernzuhalten und sich eher mit den Lernerfahrungen zu beschäftigen, die man aus diesen Situationen zieht. Auch dass ich noch einmal in Kontakt gekommen bin mit dem Gefühl einer quälenden Einsamkeit, ist letztendlich dem Kurs zugute gekommen. Die Einsamkeit und Verbindungsprobleme sind ja letzten Endes das, was von den schlechten Erfahrungen in der Kindheit übrig bleibt und darum ist es so wichtig, dass wir uns verbinden, um ein anderes Leben zu führen.

Letzten Endes sehe ich, dass ich den Kurs niemals hätte machen können, wenn ich mit ihr zusammen geblieben wäre. Wie kann mein Projekt erfolgreich sein, wenn meine Liebe weder an mich, noch an das Projekt glaubt? Das ist wie ein Klotz am Bein, der das eigene Selbstbewusstsein untergräbt.

Heute bin ich froh, dass alles so gekommen ist. Ich bin ihr sogar von Herzen dankbar. Und ein bisschen davon schwingt jedes Mal im Hintergrund mit, wenn ich mich mit meiner Intensivkursgruppe treffe und über große und kleine Erfolge der Teilnehmer:innen freue. Das ist immer ein bisschen wie ein Sieg über unsere Vergangenheit. Ihre und meine.

Hast du auch Erfahrungen mit fehlendem Respekt in einer Beziehung gemacht? Ich freue mich, wenn du mir schreibst.

Von Herzen,

Unterschrift Monika Richrath

 

 

 

Image by S. Hermann / F. Richter from Pixabay  

Tief verbunden – eine Rezension

Tief verbunden – eine Rezension

Auf dieses Buch habe ich mein Leben lang gewartet! Diesem Umstand schreibe ich die Tatsache zu, dass ich es nur zwei Tage nach dem offiziellen Erscheinungstermin in Deutschland im Netz gefunden habe. Dabei folge ich der Autorin Diane Poole Heller schon eine ganze Weile.

Auf sie bin ich gestoßen im Rahmen eines englischsprachigen online Kongresses zum Thema Trauma. Schon damals hat mich begeistert und fasziniert, dass sie sich spezialisiert hat auf Beziehungswunden, bzw. das Thema „Bindung“. Ich hatte sogar geliebäugelt mit der von ihr angebotenen entsprechenden Ausbildung, habe aber schon gelernt, dass ich solche Dinge doch lieber in der Muttersprache tue. Umso mehr freut es mich, dass Tief verbunden* in deutscher Sprache erschienen ist.

„Wie wir alte Beziehungsmuster auflösen und dauerhafte Partnerschaften eingehen“,

lautet der Untertitel. Das Vorwort stammt von Peter A. Levine, dessen Schülerin Diane Poole Heller ist. Sie hat seine Methode Somatic Experiencing in ihre Arbeit einfließen lassen. Das Ergebnis ist wundervoll geworden.

Tief verbunden* besticht meiner Meinung nach durch einen sehr intensiven praktischen Ansatz, d. h., das Buch enthält sehr viele Übungen, die man zum großen Teil alleine durchführen kann.

Bevor ich mich der Gliederung zuwende, lege ich Ihnen noch ans Herz, vor dem Lesen

das Attachment Quizz

zu machen, das Diane Poole Heller auf ihrer Webseite anbietet (leider nur in englischer Sprache), aber ich empfand es als äußerst hilfreich, die eigenen Beziehungsmuster in Form einer Torte dargestellt zu sehn. Ich glaube, dass man sich mit dem Buchinhalt noch mal anders verbinden kann …

Das Buch ist superklar und logisch strukturiert: Nach dem Vorwort und der Einleitung stellt Diane Poole Heller

die verschiedenen Bindungstypen

vor. Dabei beginnt sie mit der sicheren Bindung zuerst. Vielleicht, weil sie davon ausgeht, dass der Wunsch und die Fähigkeit zu sicherer Bindung in allen Menschen biologisch verankert ist (Schon dies empfand ich als große Erleichterung, kein ganz und gar hoffnungsloser Fall zu sein). Manchmal haben wir das nur vergessen aufgrund von Strategien, die wir uns als Kinder aneignen mussten.

Bei der Beschreibung der verschienen Bindungstypen (sichere Bindung, vermeidende Bindung, ambivalente Bindung, desorientierte Bindung) geht es immer auch um die speziellen Ausprägungen und die Auswirkungen auf das eigene Leben, sowie der Darstellung nach außen.

Meines Erachtens nach ist dieses Buch für hochsensible Menschen super super spannend, denn auch wenn das Wort „Hochsensibilität“ an sich nicht fällt, geht die Autorin auf vieles ein,

was hochsensible Menschen häufig erleben:

zum Beispiel sind viele HSP extrem nüchtern und kopfgesteuert. Dies könnte daran liegen, dass Kinder, die nicht genug Unterstüzung, Präsenz und Verbundenheit erlebt haben, eher die linke Gehirnhälfte stärker entwickeln, wo es eher um Logik etc. geht. Dies ist nur ein Merkmal des vermeidenden Bindungstyps.

Aufgemerkt habe ich jedoch besonders im Teil, der sich mit der ambivalenten Bindung beschäftigt. Die ambivalente Bindung entsteht, wenn Eltern nicht beständig und sicher verfügbar sind, also mal da und dann wieder nicht und/oder sich uns gegenüber nicht angemessen verhalten, indem sie unsere Grenzen nicht respektieren etc.

Dies bedeutet, dass wir nicht lernen konnten, uns selbst zu regulieren, unser eigenes Gefühlsleben zu steuern und auch nicht, uns darauf zu verlassen, dass immer jemand für uns da ist. Dazu gehört übrigens auch, dass unsere Bedürfnisse vielleicht nicht erfüllt wurden und dass wir es nicht lernen konnten, gesunde Grenzen zu setzen.

Klingelt da was bei Ihnen?

Bei mir hat es beim Lesen von Tief verbunden* pausenlos geklingelt. Ich fand praktisch auf jeder Seite eine spannende Aussage oder Erkenntnis, obwohl ich durchaus mit den Grundzügen der Bindungstheorie vertraut bin.

Alleine das Lesen des Buches hat schon sehr viel in mir bewirkt. Vor allen Dingen eine große Erleichterung. Bisher fand ich es vor allen Dingen eher beschämend, jemandem nahe sein zu wollen und dies gleichzeitig zu fürchten. Ich empfand das als eine Art persönlichen Versagens. Aber das ist es nicht. Es ist einfach eine ganz normale Ausprägung eines ambivalenten Bindungsmusters.

Zuguterletzt geht es dann noch natürlich um Bindungstypen und Liebesbeziehungen, was sie jeweils ausmacht, was man tun kann um eine Beziehung zu finden, sie sicherer zu machen oder sich aus einer Beziehung zu lösen. Auch hier gibt es natürlich wieder Übungen.

Alles in allem kann ich Ihnen nur raten, sich Tief verbunden* unbedingt anzuschaffen (ich finde, es ist wirklich  eine Schatztruhe voller interessanter  nützlicher Informationen) und natürlich auch, mit dem Buch zu arbeiten, vor allen Dingen, wenn Sie unter Ihrer Hochsensibilität leiden und Beziehungen zu anderen Menschen Sie grundsätzlich in Stress versetzen. Ich bin sicher, da geht ganz viel und freue mich meinerseits auch schon darauf, die Übungen jetzt mal ganz in Ruhe zu machen.

Bleiben Sie gesund! Ich freue mich wie immer über Ihre Kommentare.

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

 

 

Diane Poole Heller
Tief verbunden*
Kösel
ISBN 978-3-466-34751-3
20 EUR

Katastrophale Bindungserfahrungen

Katastrophale Bindungserfahrungen

Jetzt hast du wirklich sehr, sehr lange nichts mehr von mir gehört. Die Pause am Jahresende hatte ich wirklich bitter nötig, denn, ehrlich gesagt, bin ich sehr mitgenommen von den Entwicklungen in meinem Leben.  Daher finde ich, es ist eine ganz gute Idee, das Jahr 2020 (ich liebe diese Zahl total!) mit einem persönlichen Artikel über meine Bindungserfahrungen zu starten.

Wenn du meinem Blog folgst, erinnerst du dich vielleicht, dass ich mich vor kurzem verliebt habe. Und das ist eine echte Herausforderung (Stress pur) für mich.

Beziehungen sind für mich eher ein Buch mit sieben Siegeln, bis jetzt für mich nicht richtig zu entziffern war. Was daran liegt, dass meine

Bindungserfahrungen katastrophal

sind.

Mittlerweile habe ich mich an den Gedanken gewöhnt, dass meine Beziehungskatastrophen etwas mit meinen frühkindlichen Erfahrungen in der Welt zu tun haben. (Nach allem, was ich mittlerweile über Trauma gelernt habe, weiß ich ja jetzt, dass ich ein Entwicklungstrauma erlebt habe.)

Eine gute Gelegenheit einmal zu erzählen,

wie meine erste Bindung ausgesehen hat:

Das Alter meiner Mutter bei meiner Geburt betrug gerade mal 24. Das erste Kind hatte sie mit 21 bekommen. Das zweite mit 22. Sie lebte mit ihren 2 Kindern in der Wohnung ihrer Mutter. Mein Vater glänzte vornehmlich durch seine Abwesenheit. Er fühlte sich offenbar nur in psychiatrischen Kliniken geborgen. Alleine gelassen, musste meine Mutter sich um die beiden Kinder kümmern. Sie war total frustriert. 24! So jung und schon irgendwie gefangen. Sie hatte sich sicher ein anderes Leben vorgestellt! Sie war ziemlich verzweifelt. Nervös. Einsam. Alles musste sie alleine machen. Die Beziehung zu meinem Vater hatte schon Schaden genommen.

sich auf das neue Baby freuen war für meine Mutter nicht möglichKein Wunder, dass sie sich nicht auf mich, das neue Baby freute.

Tragischerweise hatte es ja gar nichts mit mir persönlich zu tun. Aber ich habe immer gewusst, dass ich nie willkommen war. Im Zuge meiner Familienrecherche habe ich dann ja auch herausgefunden, dass mein Gefühl richtig war.

Im Grunde genommen war also unsere Beziehung schon von meiner Geburt an belastet. Kein Wunder, dass ich es nicht eilig hatte mit dem Geborenwerden. Eineinhalb Wochen habe ich mir Zeit gelassen. Ob ich dann tatsächlich freiwillig zur Welt kam oder geholt werden musste, konnte ich bislang leider nicht herausfinden.

Mit meiner Mutter und mir ging es problematisch weiter.

Im Krankenhaus war noch alles gut gewesen.

Vielleicht, weil meine Mutter dort selbst umsorgt wurde und sich ausruhen konnte. Zuhause war das anders. Da war sie wieder alleine mit der Verantwortung für die Kinder. Mein Vater war wieder irgendwo zur Kur. Jedenfalls hatte meine Mutter keine Milch mehr für mich (Ich beginne erst jetzt zu ahnen, wie sich das auf mich ausgewirkt haben könnte!).

Drei Monate nach meiner Geburt gab es einen großen Einschnitt für die Familie. Meiner Mutter zog mit meinem Vater ins Rheinland in die erste eigene Wohnung. Da die Kinder während des Umzugs den Erwachsenen im Weg gewesen wären, wurden wir verteilt und für ein paar Tage bei Verwandten und Bekannten untergebracht. Ich kam zu einer Freundin der Mutter meines Vaters (meine Patin?). Ziemlich katastrophal für ein drei Monate altes Baby.

Aber es kam noch schlimmer

6 Monate nach meiner Geburt war meine Mutter (die zudem wieder schwanger war mit meinem Bruder) total am Ende ihrer Kräfte. Sie wurde zur Kur in die Eifel geschickt, in ein von Nonnen geleitetes Heim, ohne Kinder natürlich, sie sollte sich ja erholen. Sechs Wochen lang. Meine beiden Schwestern waren in dieser Zeit in einem Kinderheim untergebracht, mein Vater war in dieser Zeit zwar wieder zu Hause, aber offenbar konnte oder wollte er sich die Aufgabe, sich sechs Wochen lang um zwei Kleinkinder zu kümmern, nicht zumuten.

Ich war in dieser Zeit wieder bei der oben besagten Freundin der Mutter meines Vaters.

eine furchterregende Haushaltshilfe sorgte für traumaEs gab auch später noch andere Gelegenheiten,

eine sechswöchige, traumatische Kinderverschickung im Allgäu,

ein Krankenhausaufenthalt meiner Mutter, in deren Abwesenheit wir von einer furchterregenden Haushaltshilfe regiert wurden …

Die Liebesgeschichte zwischen meiner Mutter und mir

bestand vornehmlich aus Schwierigkeiten und Abbrüchen

was in der Folge dazu geführt hat, dass Liebe, Bindung und Beziehungen für mich immer schwierig waren. Ich glaube, dass ich mich die erste und zweite Trennung traumatisiert hat. Sie haben die Weichen für mein weiteres Leben gestellt. Das hat sich in allen Beziehungen fortgesetzt.

Oftmals wurde ich von jetzt auf gleich verlassen,

ohne Angabe von Gründen oder vollkommen absurden, nicht nachvollziehbaren Gründen. Eine Freundin hat mit mir Schluss gemacht, weil sie meinen (vollkommen legalen) Schwangerschaftsabbruch Anfang 20 so schrecklich fand (sie wollte selbst Kinder haben – hat aber meines Wissens bis jetzt keine Kinder bekommen). Oder jemand ließ sich am Telefon verleugnen und war fortan nie mehr zu sprechen. Oder ich wurde durch permanentes Fremdgehen verlassen. Die Liste ist sehr lang und ließe sich unendlich fortsetzen.

Manchmal bin ich auch selbst gegangen.

Die Männer habe ich durchweg alle selbst verlassen. Die Frauen eher weniger, aber es kam auch schon vor.

Bei Bindungsschwierigkeiten sind die Rollen durchaus austauschbar, ohne etwas an dem Gesamtkonzept zu verändern. Es hat sehr lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich nicht nur verlassen wurde, sondern mich selbst auch aktiv zurückgezogen habe aus der jeweiligen Beziehung, von Anfang an. Aber als Baby hat man da nicht so sehr die Wahl …

Wie auch immer, all das hat natürlich dazu geführt, dass die Angst mit jeder neuen Liebe wächst und ich schon im Vorfeld einer Beziehung Verlassensängste in einem vollkommen unangemessenen Ausmaß entwickele, aber auch Angst davor verletzt zu werden etc. Wie ich heute nun weiß,

sind das ganz typische Folgen eines Entwicklungstraumas.

Nicht umsonst wird das auch Bindungstrauma genannt.

Diesmal fühle ich mich aber besser gewappnet. Weil ich so viel über Bindung und Trauma gelernt habe im letzten Jahr. Weil ich so viel geklopft habe. Weil ich mich so intensiv mit meinen Glaubenssätzen zum Thema Liebe und Bindung auseinandergesetzt habe. Weil ich schon im letzten Jahr damit begonnen habe, mich nach und nach von Menschen zu trennen, mit und zu denen es keine richtige Bindung gibt.

Und weil ich es einfach noch einmal wissen will:

Jetzt kann ich meine Hochsensibilität viel bewusster leben,

ich habe einen besseren Blick über meine Bedürfnisse – auch wenn mir ziemlich schnell klar geworden ist, dass ich noch sehr, sehr viel Handlungsbedarf habe – ich weiß zumindest theoretisch, was ich jetzt brauche und will. Ich habe eine Vorstellung, dass all das Wissen über Hochsensibilität, Trauma und Bindung mir helfen könnte, eine Beziehung mit mehr Wahrhaftigkeit zu führen, dass die Beziehung an sich sich anders anfühlen könnte. Ob das so sein wird, weiß ich natürlich nicht.

Das kann ich nur herausfinden, wenn ich mich einlasse.

Eins habe ich aber schon herausgefunden: nämlich, dass, wenn ich mich einlasse, ein Teil der alten Wunde heilen kann. Und dass diese Wunden vor allem im Miteinander heilen …

Darum bin ich bereit für das Abenteuer Liebe …

Welche Erfahrungen hast du in Beziehungen gemacht? Konntest du bewusst etwas verändern? Bleibst du lieber allein? Wie immer freue ich mich, wenn du deine Erfahrungen mit uns teilst.

Falls dich interessiert, wie es denn ausgegangen ist mit meiner neuen Liebe, kannst du hier zu meiner Artikelserie Trauma in Liebesbeziehung kommen.

Von Herzen,

Unterschrift Monika Richrath

Image by fancycrave1 from Pixabay 
Image by S. Hermann & F. Richter from Pixabay 
Image by pezezzle from Pixabay 

Wie Liebe sich anfühlt

Wie Liebe sich anfühlt

Letzte Woche konnten Sie keinen neuen Blogbeitrag von mir lesen – und das lag nicht daran, dass mir etwa die Ideen ausgegangen sind (im Gegenteil, ich habe bestimmt drei neue Artikelideen in der Woche). Nein, der Grund, weswegen Sie nichts von mir gelesen haben, ist der simplen Tatsache zuzuschreiben, dass das Leben mich einfach überrannt hat und ich mich mit schrägen Gefühlen und Symptomen auseinandersetzen muss. Vergangene Woche war ich einfach nicht in der Lage, einen Blogbeitrag zu verfassen

 

Ich kann nicht denken.

Ich kann mich nicht konzentrieren.

Ich kann nicht essen.

Ich kann nicht schlafen.

Am liebsten wäre ich immerzu mit ihr zusammen.

Sie ahnen es vielleicht schon. Ich habe mich verliebt. Mit Haut und Haar.

Und während ich alle Symptome einer Liebeskrankheit durchlaufe, gibt es doch einen kleinen Teil in mir, der mir selbst ein bisschen amüsiert von oben zusieht.

Das Seltsame ist, dass ich auf all das vollkommen unvorbereitet bin. Sehr sonderbar, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass ich schon länger auf der Suche bin und mich wieder verlieben wollte.

Das bringt natürlich allerhand Herausforderungen mit sich, gerade auch in Sachen Hochsensibilität, Liebe an sich ist megastressig.

Ich habe vollkommen vergessen, wie sich das anfühlt, mitten in der Nacht aufzuwachen und vor lauter Sehnsucht und Herzklopfen nicht mehr einschlafen zu können. Oder wie mir der Hals eng wird und ich nicht mehr essen kann, wegen eines Blicks von ihr. Oder wie man dauernd weiche Beine hat.

Ich habe auch vergessen, wie unglaublich verletzlich man sich am Anfang einer neuen Liebe fühlt, wie ängstlich, wie bedroht. Wie die inneren Wächter anfangen, Amok zu laufen. (In meiner Vorstellung sind das kleine aufgeregte Kerle, die eine Rüstung tragen und mit einem Speer herumfuchteln.)

Es erstaunt mich selbst, wie angsteinflößend sich das anfühlt, die relative Sicherheit und Geborgenheit meiner Singleexistenz einfach so aufzugeben, obwohl ich so viele Jahre daran gearbeitet habe, den jetzigen Zustand zu erreichen, in dem ich sagen kann (und zwar aus voller Überzeugung): Ich bin ein glücklicher Single. Ohne auch nur einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden, habe ich diesen Zustand fortgeworfen. Was nicht bedeutet, dass damit meine Ängste einfach so verpufft wären. Ganz im Gegenteil: die arbeiten jetzt eher im Untergrund und kommen nur dann und wann nach oben.

Zum Glück verfüge ich mittlerweile über genug emotionales Rüstzeug, um besser damit fertig zu werden. Und mich zu trauen, mich einzulassen. Trotz meiner schwierigen Bindungsvergangenheit. Alle möglichen Bindungstraumata springen auf und fordern meine Aufmerksamkeit. Daher muss ich jetzt gerade sehr viel und oft für mich selbst klopfen. Anders geht es nicht …

Völlig unvorbereitet bin ich auch auf die krassen körperlichen Nebenwirkungen. Ich habe nach nur 2 Wochen das Gefühl, an meine Belastungsgrenze zu stoßen.

Alles ist so aufregend und eigentlich müsste ich die ganze Zeit futtern wie ein Scheunendrescher, um die verlorenen Kalorien wieder aufzufüllen. Aber dies erweist sich als wirklich problematisch. Ein Blick – und mein Appetit verpufft – einfach so.

Darum bekomme ich nicht genug zu essen. Ein paar Kilo habe ich schon abgenommen. Bestimmt bin ich die ganze Zeit chronisch unterzuckert. Mittlerweile weiß ich ja genug über den Stress, der dadurch für den Körper entsteht. Trotzdem kann ich mich einfach nicht aufraffen zu ordentlichem Essen. Alles, wozu ich die Disziplin aufbringe, ist mir irgendwelches Essen aufzuzwingen.

Irgendwann geht das sicher vorbei. Aber im Augenblick spielen mein Gehirn und mein Körper einfach verrückt, alles ist total entgleist. Vielleicht haben Sie schon mal davon gehört, dass Verliebtsein die gleichen Gehirnregionen aktiviert, wie bei Suchtkranken. Dazu werden jede Menge Hormone ausgestoßen.

Dass es bei mir überhaupt so weit kommen konnte, verdanke ich Andreas Goldemann mit seinen schamanischen Gesängen. Da bin ich ganz sicher.

Vor 20 Jahren wurde mir gleich zwei mal relativ kurz hintereinander das Herz gebrochen (was letzten Endes der Beginn meiner Reise zu mir selbst war). Das hat tiefe Spuren hinterlassen. Danach war die Liebe für mich eher ein Minenfeld. Es dauerte 10 Jahre, bis ich überhaupt wieder eine Beziehung eingehen konnte und trotzdem blieb es sehr schwierig in meinem Beziehungsleben.

Was mich zurückbringt zu Andreas Goldemann. In seinem Kurs haben wir sehr ausführlich die Verbindung zwischen Sakral- und Herzchakra bearbeitet und Vergangenes losgelassen. Außerdem habe ich in den letzten Wochen sehr intensiv meine eigenen Widerstände beklopft. Das war schon sehr interessant, herauszufinden, dass ich zwar eigentlich eine Beziehung möchte und dann aber auch wieder nicht. Nun, ich habe das offenbar aufgelöst …

Was soll ich noch sagen? Ich bin sehr dankbar und gerührt. Alles, was ich jetzt noch zu tun habe, ist, mich dem Leben einfach hinzugeben und zu folgen, egal, wie wild und chaotisch das auch sein mag. Egal, was dabei herauskommt am Ende. Ich weiß, das klingt wirklich megakitschig. Es ist aber trotzdem wahr: Die Liebe ist eben – wie alles andere – ein Abenteuer.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Liebe gemacht. Leben Sie Liebe? Wie immer freue ich mich, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen.

Von Herzen, Ihre

Monika Richrath

Image by Jondolar Schnurr from Pixabay 

Was Sicherheit uns bedeutet

Was Sicherheit uns bedeutet

Ich glaube, dass die Bedeutung der Sicherheit für unser eigenes Leben allgemein ziemlich unterschätzt wird. Wenn gesagt wird, dass jemand “ in Sicherheit“ ist, gehen wir erst einmal von körperlicher Unversehrtheit aus, bzw. von einem Schutz, der der Erhaltung der körperlichen Unversehrtheit dient. Wir haben dabei weniger im Blick, dass „Sicherheit“ fast unser gesamtes Denken und Handeln bestimmt und die Grundmotivation allen Handelns ist.

Vermutlich haben Sie schon einmal von der Bedürfnispyramide, bzw. der Maslowschen Bedürfnishierarchie gehört, ein Modell, das von dem amerikanischen Psychologen Abraham Maslow stammt und in dem er versucht, eine Rangfolge menschlicher Bedürfnisse und Motivationen zu beschreiben. Die Pyramidenform, in der dieses Modell hauptsächlich bekannt ist, stammt übrigens nicht von ihm selbst, was uns aber nicht weiter beschäftigen muss, ebensowenig, dass dieses Modell seit seiner Entstehung vielkritisiert wurde.

Die Bedürfnispyramide erklärt unser Sicherheitsbedürfnis

Wie Sie sehen können, kommt die Sicherheit dabei direkt hinter den physiologischen Grundbedürfnissen wie essen, trinken und schlafen.

Sicherheit das bedeutet nicht nur körperliche Unversehrtheit, es bedeutet auch z. B. materielle Sicherheit, wie es uns ein geregeltes Einkommen bieten kann oder finanzielle Unabhängigkeit.

 

Wie würden Sie „Sicherheit“ für sich definieren?

Wenn ich so in mich hineinhorche, dann wäre meine Definition von Sicherheit das Gefühl, dass es keine Bedrohungen irgendwelcher Art gibt. Hochsensibilität könnte in diesem Zusammenhang natürlich dazu führen, dass wir uns schneller bedroht fühlen als andere. Dabei geht es um wesentlich mehr als nur den finanziellen Rahmen. Nahezu alles kann sich bedrohlich anfühlen.

Wir können uns z. B. bedroht fühlen, wenn

  • unser Selbstbild ins Wanken gerät
  • wir unsere Komfortzone verlassen sollen
  • wir erfolgreich sind (nicht nur, aber auch in finanzieller Hinsicht)
  • sich das Gefüge unserer sozialen Beziehungen verändert
  • wir für uns selbst einstehen sollen
  • wir unsere Gefühle zeigen sollen
  • wenn wir unsere Gefühle als unkontrollierbar erleben
  • wenn wir das Gefühl haben, uns gegen die Eltern zu wenden
  • wir uns verlieben oder uns in anderer Weise gefühlsmäßig auf einen Menschen oder eine Gruppe einlassen

etc. um nur ein paar Möglichkeiten zu benennen. Zu dem Thema Sicherheit hatte ich schon einmal einen Artikel geschrieben, über Dinge, die sich nicht sicher anfühlen können.

Unsere Sicherheitsbedürfnisse haben sehr viel zu tun mit unseren Grundüberzeugungen und Glaubenssätzen, darauf, wie wir die  die Welt sehen, damit, was wir über die Welt gelernt haben. Als Säugling und Kleinkind (vermutlich schon seit der Zeugung) wissen wir instinktiv, dass unser Überleben von unseren Eltern abhängt. Wir sind in diesem Alter jedoch nicht in der Lage, Situationen objektiv zu beurteilen, da wir uns selbst als Mittelpunkt erleben und alles, was passiert, auf uns selbst beziehen.

Wenn sich also ein Elternteil unerwartet von uns abwendet,

kann dies durchaus einen lebensbedrohenden Charakter haben. Wir wissen ja nicht, ob es vorübergehend ist und dass es gleich anders sein kann, weil es für uns nur das Jetzt gibt und sonst nichts. Das Unterbewusstsein versucht mit seinen beschränkten Mitteln die Situation zu erklären (denn es muss ja dafür sorgen, dass uns nicht geschieht). Oft zieht es dann Schlussfolgerungen wie: Ich bin nicht gut genug, ich bin es nicht wert, geliebt zu werden usw.

Eine einzige Situation kann durchaus ausreichen,

um eine Grundüberzeugung zu entwickeln, die sich auf das ganze Leben auswirkt. Sicher ist jedenfalls, dass wir im Laufe unseres Lebens einen ganzen Katalog an Glaubenssätzen entwickeln, die eins gemeinsam haben: sie sollen für unsere Sicherheit sorgen, bzw., jedes Mal, wenn wir in eine Situation geraten, die der ursprünglichen Situation in irgendeiner Form ähnelt, können wir uns existentiell bedroht fühlen, ohne uns vielleicht erklären zu können, wo dieses massive Gefühl der Bedrohung herkommt. Auch dies dient unserem Schutz, das Unbewusste möchte  vermeiden, dass wir eine ähnliche lebensbedrohliche Situation wieder erleiden müssen und reagiert daher mit Stress.

Besonders wichtig ist dabei:

Manche Situationen können sich so bedrohlich anühlen (ohne dass es uns bewusst ist), dass wir nicht in der Lage sind, sie zu verändern, solange wir uns nicht mit dem Sicherheitsaspekt beschätigen. Zum Beispiel könnte eine Person unbedingt abnehmen wollen. Sie strengt sich an wie verrückt, aber es funktioniert einfach nicht. Dabei kann die Motivation durchaus sein, sich selbst als attraktiver zu erleben. Aber die Konsequenz aus der gesteigerten Attraktivität kann sich grauenvoll anfühlen für das Sicherheitsbedürfnis dieser Person. Vielleicht wird sie dann als möglicheR SexualpartnerIn wahrgenommen, und entsprechende Angebote werden an sie herangetragen. DAS will sie auf keinen Fall. Und weil das so ist, wird es mit dem Abnehmen nichts werden, dafür sorgt das Unbewusste dieser Person, denn es möchte sie ja schützen. Denken Sie daran: alle Ihre Systeme arbeiten für, nicht gegen Sie!

Glaubenssätze kann man zum Glück verändern

z. B. durch die Klopfakupressur. Gerade bei Sicherheitsthemen kann das Klopfen Wunder wirken, z. B., indem man statt „liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz“ sagt „bin ich sicher“ oder „bin ich in Sicherheit“ oder „bin ich behütet und beschützt.“

Manchmal können sich Grundüberzeugungen aber auch ganz von allein verändern, oder Huckepack im Gepäck anderer Glaubenssätze.

In den vergangenen Wochen wurden meine Sicherheitsbedürfnisse wegen der Eigenbedarfskündigung, die ich bekommen habe, auf eine ziemlich harte Probe gestellt … Alle möglichen Glaubenssätze tauchten auf, nicht nur meine eigenen. Angefangen von: „Du wirst unter der Brücke schlafen“ (von meiner Mutter), über „Sie sollten das annehmen“ (meine Vermieterin) bis hin zu „Kein Vermieter will mich“ (mein eigener).

Diese Woche habe ich selbst so eine Art Erleuchtung gehabt, was meine eigenen Glaubenssätze angeht. Bislang habe ich fast nur in eher kleinen Wohnungen gelebt, meistens in 1-Zimmer-Wohnungen. In größeren Wohnungen fühlte ich mich nicht wohl. Ich habe mir das immer erklärt mit: zuviel Platz.

Nun bin ich ja in eine größere Wohnung gezogen, in der ich mich sehr wohl fühle – so, als wäre ich schon immer dort gewesen. Am Anfang war der viele Platz tatsächlich verwirrend. Kurzfristig tauchte auch das Gefühl existentieller Bedrohung auf, aber nach ein bis zwei Tagen war es verschwunden. Vielleicht wegen meines Wohlgefühls. Jedenfalls wurde mir an einem Tag schlagartig klar, woher das Gefühl der Bedrohung kam: Es hat natürlich einen Zusammenhang mit der Wohnung, in der ich aufgewachsen bin (3 Zimmer).

Es ist eigentlich ganz einfach: wenn ich in einem Zimmer bin, kann ich nicht wissen, was in den anderen Zimmern vor sich geht. Offenbar meint mein Unbewusstes, dass ich das wissen sollte. Es erklärt sehr gut meine bisherige Vorliebe für 1-Zimmer-Wohnungen: Da habe ich immer alles im Blick und unter Kontrolle. Das ist in der neuen Wohnung offenbar nicht mehr notwendig. Wunderbar, zumal ich dieses Thema meines Wissens nach niemals bewusst bearbeitet habe, hat es sich dennoch erledigt, das finde ich klasse.

Dies ist nur ein klitzekleiner Ausschnitt aus dem Thema Sicherheit.  Was bedeutet Sicherheit für Sie? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare.

Herzliche Grüße,
Ihre
Monika Richrath

Bildnachweise: Pixabay

de_DEDeutsch